Ein neuer Brauch zu Pessach und ein feministischer Seder-Teller
Blick ins Depot
Was ist die Besonderheit an diesem von Harriete Estel Berman gestalteten Teller? Es ist nicht die Mischung der Lebensmittel, die in den einzelnen Mulden abgebildet sind: eine Lammkeule, ein hartes Ei, Fruchtpaste, eine Meerrettichwurzel, ein Blatt Endiviensalat und ein großer Zweig Petersilie. Auch wenn es nach den Zutaten eines missglückten kulinarischen Experiments klingt, sind diese Speisen (und all ihre regionalen Variationen) tatsächlich symbolischer Art und werden zu Pessach, während des rituellen Sedermahls, ausführlich erläutert.
Gedenken an die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei
Das Pessach-Fest wird im Frühjahr gefeiert und gedenkt der Befreiung der Israelit*innen aus der ägyptischen Sklaverei. Zum Sedermahl hat jede symbolische Speise einen festen Platz auf einem Seder-Teller und ist Anlass für lebhafte Diskussionen.
Ein neues Ritual für den Seder-Abend
Ungewöhnlich ist die zusätzliche Mulde für eine Orange, mit der dieser zeitgenössische Seder-Teller ausgestattet ist – ein neuer Brauch, der in den letzten Jahrzehnten immer beliebter wurde. Dessen Ursprung bleibt im Dunklen, doch war es vermutlich Susannah Heschel, eine bedeutende jüdische Feministin, die als erste eine Mandarine an ihrem Seder-Tisch herumreichte. Deren „Kerne der Menschenfeindlichkeit“ wurden aus Solidarität mit Homosexuellen ausgespuckt. So stand die Einbeziehung dieser süßen, saftigen Frucht mit ihren bitteren Kernen für die wertvollen Beiträge von Homosexuellen und Frauen zum Judentum und zugleich für deren historische Ausgrenzung.
Eine Orange als Symbol für marginalisierte Gruppen
Dieser neue Brauch kam in feministischen Kreisen besonders gut an, allerdings ohne das Ausspucken und mit einer Orange anstelle der Mandarine. Wie alle symbolischen Pessach-Speisen bleibt auch die Orange für persönliche Interpretationen offen. Meist wird sie jedoch mit jenen in Verbindung gebracht, die von der Gesellschaft marginalisiert wurden und die heute noch um Anerkennung kämpfen müssen.
Titel | Seder-Teller |
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Künstlerin | Harriete Estel Berman (geb. 1952) |
Sammlungsgebiet | Zeremonialobjekte |
Ort und Datierung | San Mateo, Kalifornien, USA 2003 |
Material | Blech, lackiert, Aluminium, Plexiglas, Gold, Silber, Messing |
Maße | 5,3 x 27,9 x 59,7 cm |
Ausgewählte Objekte: Judaica-Sammlung (9)