Eric Silvermans lang angekündigtes Buch, A Cultural History of Jewish Dress, ist vor wenigen Wochen in Bloomsburys angesehener kulturhistorischen Reihe erschienen. Es behandelt ein Thema, das der Überarbeitung bedurfte: Jüdische Kleidung war zuletzt 1967 – vor fast fünfzig Jahren – in Alfred Rubens’ A History of Jewish Costume untersucht worden.
Der Rahmen des Buchs ist sehr breit angelegt: Silverman stellt Betrachtungen an über dreitausend Jahre und die verschiedensten Regionen und Kulturen, vom Mittleren Osten, über Russland, Nordafrika und Europa bis hin zu den USA.
Mit Hilfe der Tora, der Mischna und des Talmuds sowie einer Auswahl englischsprachiger Sekundärliteratur und Zeitungsartikel als Quellenmaterial gliedert der Anthropologe aus den USA sein Buch analytisch statt empirisch. Anstatt Kleidungsstücke zu kategorisieren, analysiert er die Debatten, die seit Jahrtausenden über die Frage geführt werden, was Juden tragen oder nicht tragen sollen. → weiterlesen
In unserer Dauerausstellung gibt es einen Ort, der immer wieder neu zu aktuellen Themen bespielt wird: drei prominent platzierte, dickbauchige Vitrinen, die wir im Jargon des Museums auch »Raviolis« nennen.
Die »Ravioli«-Vitrinen mit neuen Objekten zu Purim © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Christiane Bauer
Zu Purim wurden diese Vitrinen im Segment »Tradition und Wandel« nun mit neuen Exponaten gefüllt. Die Neubestückung wirft einen feministischen Blick auf das Fest und richtet das Augenmerk auf die neuesten Entwicklungen, die maßgeblich von jüdischen Frauen in den USA geprägt werden.
Im Fokus der Präsentation stehen die beiden weiblichen Personen der Purim-Geschichte, die während des Gottesdienstes in der Synagoge vorgelesen wird: Ester und Waschti. Letztere fand lange Zeit wenig Beachtung. Sie war die erste Frau des persischen Königs Achaschwerosch, die wegen ihres Ungehorsams von ihm verstoßen wurde. Daraufhin nahm er die schöne Jüdin Ester zur Frau, die schüchtern und still – so ganz anders als die aufmüpfige Waschti – war. Doch im Laufe der Zeit trat Ester aus ihrer Zurückhaltung, fasste immer mehr Mut und verwandelte sich in die Heldin, die den Mordkomplott an den persischen Juden vereiteln konnte. → weiterlesen
Im Archiv des Jüdischen Museums Berlin bewahren wir einen bewegenden Brief auf, den Marianne Joachim am 4. März 1943 an ihre Schwiegereltern schrieb. Noch am selben Tag wurde die junge Frau in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Abschiedsbrief von Marianne Joachim geb. Prager (1921 – 1943)
Berlin-Plötzensee, 4. März 1943 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe
Was war geschehen? Marianne und Heinz Joachim schlossen sich vermutlich 1941 der Widerstandsgruppe um Herbert Baum an. Herbert Baum, ein Jude und Kommunist, scharte seit 1933 Freunde und Gleichgesinnte um sich, um Widerstand gegen die nationalsozialistische Politik zu leisten. Am 18. Mai 1942 versuchte die Gruppe, die antisowjetische Ausstellung »Das Sowjetparadies« im Berliner Lustgarten in Brand zu setzen. Unter den Mitgliedern, die wenig später verhaftet und zum Tode verurteilt wurden, waren auch Marianne und Heinz Joachim.
Aus ihrem Brief erfahren wir, dass es für Marianne Joachim der »schwerste Schicksalsschlag« war zu erfahren, dass ihr Mann bereits am 18. August 1942 – ebenfalls in Berlin-Plötzensee – hingerichtet worden war. Ihre größte Sorge galt ihren Eltern, Jenny und Georg Prager. Sie wurden im März 1943 nach Auschwitz und Theresienstadt deportiert und kamen dort ums Leben. Mariannes Schwester Ilse konnte mit einem der letzten Kindertransporte nach England entkommen. Heinz Joachims Vater Alfons starb Ende 1944 im KZ Sachsenhausen. Seine Mutter Anna war nicht jüdischer Herkunft und hat die Zeit des Nationalsozialismus – ebenso wie seine Brüder – deswegen überlebt.
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