– aus dem Arbeitsalltag der Blogredaktion
Zum Glück passiert es nur sehr selten, dass in diesem Blog antisemitische Kommentare abgegeben werden. Wenn der Fall eintritt, stehen die Moderatorinnen des Blogs – wie bei allen Kommentaren – vor der Frage, ob sie den Kommentar für andere sichtbar machen oder nicht. Sollte man solch aggressiven Unfug im Sinne der Transparenz und Dokumentation, was an ein jüdisches Museum herangetragen wird, öffentlich machen? Sollte man es gar nutzen, um die ›Argumente‹, sofern solche überhaupt vorhanden sind, durch eigene Kommentierung zu entkräften? Oder bietet man Antisemitinnen und Antisemiten damit eine unnötige Plattform? Bei Kommentaren, die bloß die altbekannte Weltverschwörungstheorie reproduzieren, haben wir uns gegen eine Veröffentlichung entschieden. Solche Phantastereien sind an viel zu vielen anderen Orten nachlesbar und wir möchten sie weder weiter verbreiten noch unsere Leserinnen und Leser dazu nötigen, sie im Blog des Jüdischen Museums Berlin ernst zu nehmen.
Viel öfter jedoch werden wir Redakteurinnen beim Öffnen des Blogs mit einer gehörigen Portion Lob begrüßt. Da heißt es etwa: »Danke für die kluge Analyse« oder noch enthusiastischer: »Super-Duper website! I am loving it!! Will come back again.« Manche kriegen sich kaum mehr ein:
»Bitte sagt, dass ihr so weitermachen werdet! Es ist so nützlich und so wichtig. Ich kann es gar nicht erwarten, mehr von euch zu lesen. Ich habe einfach wirklich das Gefühl, dass ihr so viel wisst und auch wisst, wie ihr Leute dazu bringt, zuzuhören, was ihr zu sagen habt. Dieses Blog ist einfach zu cool, um übersehen zu werden. Ausgezeichneter Stoff, ehrlich. Bitte, BITTE, macht weiter so!«
Einige unserer Leser scheinen auch den Eindruck zu haben, in besonderem Maße verstanden zu werden: »Es ist, als würdet ihr meine Gedanken lesen!«. Andere verdienen sich mit unseren Blogtexten gar ihr Frühstück: »Ein herausragender Beitrag! Ich habe ihn gerade einem Mitarbeiter weitergeleitet, der ein bisschen zu dem Thema recherchiert hat. Und er hat mir doch tatsächlich Frühstück bestellt, weil ich es für ihn gefunden habe … lol.«
Warum wir unseren Leserinnen und Lesern auch diese Kommentare vorenthalten? Tja, leider wollen unsere begeisterten Kommentatoren nebenbei immer gefälschte Sonnenbrillen, Hochzeitskleider oder Ähnliches verkaufen, was meist an ihren Namen wie »Fake Sunglasses« oder »cocktail dress in uk« sowie geschickt im Kommentar platzierten Links erkennbar ist. Zuweilen geht es, näher an unseren Themen, immerhin um Bat Mitzwa-Kleidung.
Und doch ist das tägliche Spam-Löschen amüsanter als die wenigen antisemitischen Kommentare. Manche Möchtegern-Verkäufer geben uns nämlich auch Denksprüche für den Tag mit auf den Weg, z.B.: »Es gibt Dinge, von denen wir nicht wollen, dass sie geschehen, die wir aber dennoch akzeptieren müssen, Dinge, die wir nicht wissen wollen, aber lernen müssen, und Leute, ohne die wir nicht leben können und die wir doch gehen lassen müssen.« Oder: »Jetzt ist die richtige Zeit, Zukunftspläne zu schmieden, und es ist Zeit, glücklich zu sein.«
Noch mehr freuen wir uns natürlich, wenn interessierte Menschen tatsächlich mit uns über die hier präsentierten Themen diskutieren möchten.
Mirjam Bitter, Medien
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