Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jüdischen Museums Berlin geben Antwort:
»Wenn ich zurück denke, dann erinnere ich als erstes Familie und Freunde, dicht gefolgt von Essen, sehr viel Essen.«
Roland Schmidt, Host
»Die Mahlzeiten bei meiner Oma habe ich als so üppig und ausladend in Erinnerung, dass man danach nicht nur am Jom Kippur, sondern am besten ein ganzes Jahr lang fasten sollte.«
Alina Gromova, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fellowship-Programms und Guide
»Um bei der Kulinarik zu bleiben, erwähne ich die Zeiten, in denen der ›Gefilte Fisch‹ noch selbst gekocht wurde. Zwei Karpfen wurden beim Fischhändler bestellt, der im September das Geschäft des Jahres machte, weil die Rosch ha-Schana feiernde Kundschaft nach lebendigen Fischen Schlange stand. In einem Blecheimer wurde der zappelnde Inhalt in der Straßenbahn nach Hause getragen, begleitet von den eisigen Blicken misstrauischer Tierschützer. Zu Hause wartet schon eine mit Wasser gefüllte Badewanne auf die neuen Bewohner, die für einige Tage dafür sorgten, dass die Körperpflege der Mitbewohner auf ein homöopathisches Maß reduziert wurde. Diese für Tier und Mensch unangenehme Tortur diente der Entschlammung der Karpfen. Einen Tag vor Rosch ha-Schana wurden die Fische mit einem gezielten Schlag auf den mit einem Handtuch umhüllten Kopf geschlachtet, ausgenommen und gekocht, währende andere Fische ausgenommen, gekocht und durch einen Fleischwolf gedreht wurden. Was darüber hinaus mit den Fischen angestellt wurde, bis sie als ›Gefilte Fisch‹ Erew Rosch ha-Schana auf einem Teller, garniert mit Mohrrübenscheiben auf einem Geleebett serviert wurden, weiß ich nicht. Zusammen mit der Kreplach-Suppe entführten uns diese beiden Speisen für zwei Tage in eine Welt, die außerhalb des Schulalltags, der Stadt und sogar des Landes lag, in dem wir lebten.«
Cilly Kugelmann, Programmdirektorin
»Die Hohen Feiertage wecken bei mir Erinnerungen an festliche Kleider und neue Schuhe, Äpfel, Honig und Kinderwein. Ich erinnere mich, wie ich in den 1980er Jahren mit meinen Schwestern im Hinterhof der Synagoge in der Pestalozzistraße spielte, wenn der Gottesdienst langweilig wurde. Zur Wendezeit nahm ich am ersten gemeinsamen Ost-West-Gottesdienst in der Synagoge in der Berliner Rykestraße teil. Damals sagte man mir, das sei historisch, aber ich fand den Gottesdienst nicht anders als sonst. In den 1990er Jahren habe ich die Hohen Feiertage in Toronto verbracht, genauer gesagt: auf dem Boden der Sporthalle des dortigen jüdischen Gemeindezentrums, die die egalitären Juden, die schmuckvoller Ausstattung skeptisch gegenüberstanden, in eine Synagoge umgewandelt hatten.«
Naomi Lubrich, Medien
»In Erinnerung sind mir vor allem die Familientreffen in Paris. Wir waren etwa 20 Personen am Tisch und meine Großtante Viviane Weinberg hat das leckerste Essen gekocht. Seit sie und auch mein Großonkel Marcel gestorben sind, ist die Familie mehr oder weniger auseinander gefallen und es finden nur noch sporadisch Familienfeste statt. In Paris sind wir entweder in die Synagoge der Rue Buffault oder in die Grande Synagogue de la Victoire gelaufen. Erst jetzt im Nachhinein ist mir bewusst, wie lebendig, jung und dynamisch die Gemeinde in Paris ist, wenn ich es mit Berlin vergleiche.«
Sarah Hiron, Bildung