Interview mit Daniel Laufer
Aus unserem Kunstautomaten lassen sich die unterschiedlichsten Kunstwerke ziehen. Eines davon ist eine Postkarte von Daniel Laufer (* 1975 in Hannover).
Das Motiv zeigt einen Filmstill aus seinem Video »The Fourth Wall« (08:13 min). Die Geschichte basiert auf einer chassidischen Parabel, die von zwei Männern erzählt, die je eine Hälfte eines Hauses gestalten sollen. Während der erste sich eifrig an die Arbeit macht, zögert der zweite und findet keine Inspiration. Mit der Gewissheit, kein besseres Ergebnis erzielen zu können als sein Kontrahent, entscheidet er sich, dem Scheitern die Stirn zu bieten: Er malt seine Hälfte mit schwarzem Pech an, das wie ein Spiegel die andere Häuserhälfte reflektiert und so zur vollendeten Lösung wird.
Der Film wurde dieses Jahr auf der 14. Videonale im Kunstmuseum Bonn gezeigt.
Im persönlichen Gespräch gibt Daniel Laufer weitere Details zur Entstehung und zur Aussage des Werkes.
Christiane Bauer: Daniel, Du arbeitest meist mit dem Medium Video. Für den Kunstautomaten hast Du eine Postkarte angefertigt. Warum hast Du Dich für dieses Format entschieden?
Daniel Laufer: Eine Postkarte ist etwas Mobiles, das man mitnehmen kann, hat aber auch etwas Verbindendes, denn sie übermittelt Informationen und Nachrichten. Sie kann also Mitbringsel sein, sagt aber auch etwas aus. Und was mir darüber hinaus gefiel: Man kann sie an die Wand hängen.
An sich ist das Kunstwerk ja ein ganzer Film. Wieso hast Du genau diesen Ausschnitt als Motiv für die Postkarte gewählt?
Das ist die Stelle im Film, an der unheimlich viele Spiegelflächen dargestellt sind. Das kann man auf den ersten Blick nur erahnen. Es ist schwer auszumachen, was Spiegelung und Realität in diesem Bildausschnitt ist. Im Endeffekt könnte alles Spiegelung sein. Schau Dir die schwarze Fläche im Vordergrund an: Das ist ein Flügel, in dem sich das Fenster spiegelt, dessen Bild wiederum der Spiegel reflektiert.
Es gibt zwei Stellen im Film, in denen man diese Spiegelflächen überhaupt sieht. Ansonsten kann man sie nicht von der Realität unterscheiden. Die Postkarte zeigt den Moment, an dem es heißt, ab JETZT kann alles Spiegelung sein. Deswegen fasst dieses Still alles, die ganze Parabel, gut zusammen und bringt sie auf den Punkt.
Wie bist Du auf die Idee gekommen, diese chassidische Parabel als Film umzusetzen?
Ich fand die Parabel gut, weil man sie auf die Kunstrezeption anwenden kann. Viele Leute würden wahrscheinlich denken, derjenige, der sich da so abgemüht hat, muss den Lohn für seine Arbeit erhalten. Und derjenige, der wirklich nur schwarzes Pech aufgetragen hat, um das andere Zimmer darin zu spiegeln, hat weniger Leistung erbracht und sollte leer ausgehen. Damit findet eine Sensibilisierung in Bezug auf die Frage »Was kann Kunst alles sein?« statt.
Obwohl es weniger Arbeitsaufwand ist, diesen Spiegel aus schwarzem Pech herzustellen, ist die geistige und kreative Arbeit nicht zu unterschätzen: Der Spiegel reflektiert alles in dem Zimmer, auch das, was in Zukunft in den Raum hineingestellt wird, und wird dadurch zum perfekten Kunstwerk. Das kann eine noch so schöne Malerei nicht erreichen, weil sie immer nur das zeigt, was vorher war, aber nie etwas Zusätzliches abbilden kann.
Die Parabel ist aber auch deswegen interessant für mich, weil der Autor Rabbi Nachman ein wichtiger Rabbiner für mich ist. Rabbi Nachman, der Enkel von Baal Schem Tov, hat mehrere Geschichten und Parabeln geschrieben, die als ein spirituelles Vehikel funktionieren. Sie wurden traditionell erzählt und beim Hören und darüber Nachdenken kommt ein spiritueller Prozess in Gang.
Meist werden in den Geschichten verschiedene Zugänge zum Leben geschildert, die auch ganz ohne religiösen Überbau funktionieren können. Das fasziniert mich daran.
Wie hast Du den Film hergestellt?
Ich arbeite mit zwei Medien, die ich miteinander kombiniere: Malerei und Film.
Für meine Filme, aber auch in meinen Ausstellungsinstallationen, arbeite ich nach dem Prinzip des »Matte Painting« (Vorsatzmalerei), d. h. ich stelle einen transparenten Glasrahmen vor einen Hintergrund, z. B. eine Landschaft, und male dann weitere Elemente auf das Glas. Danach filme ich durch die voreinander stehenden Glasrahmen. Die gemalten und realen Bildteile verschmelzen miteinander zu einem Bild. Diese Technik habe ich weiter entwickelt und dadurch arbeite ich immer mit einer Installation, bestehend aus teilweise sehr großen Glasrahmen und dem Film.
Wo kann man Deine Arbeiten als nächstes sehen?
Ich habe im kommenden Jahr eine Katalogpräsentation zur art cologne (ca. 9. bis 13. April 2014) und drei Einzelausstellungen:
Glasmoog KHM, Köln, 14. März bis 4. Mai 2014
Kunstverein Harburger Bahnhof, Hamburg, Ende Oktober 2014
KM Galerie, Berlin, Mitte November 2014
Herzlichen Dank für das Gespräch, Daniel, und viel Erfolg für die anstehenden Projekte!
Christiane Bauer, Ausstellungen