Seit einigen Wochen steht in der Eric F. Ross Galerie eine interaktive Videobox, die auf die aktuelle Ausstellung »Gehorsam. Eine Installation in 15 Räumen von Saskia Boddeke und Peter Greenaway« verweist. »Are you Isaac or are you Ismael?«, fragt eine leuchtende Neonschrift die Besucherinnen und Besucher, sobald sie sich der Videobox nähern. Die Frage nimmt Bezug auf die biblische Geschichte im 1. Buch Mose, Kapitel 22, in der Abraham von Gott aufgefordert wird, seinen Sohn zu opfern. Saskia Boddeke und Peter Greenaway stellen diese Geschichte auf den Kopf: Nicht die göttliche Stimme steht am Anfang ihrer Ausstellung, sondern eine großflächige Projektion, in der sich Kinder und junge Erwachsene in ihrer Muttersprache als Isaak oder Ismael zu erkennen geben.
Dieser erste Raum der Ausstellung – laut Saskia Boddeke ihr »Herzstück« – wird von der Videobox in der Eric F. Ross Galerie gewissermaßen vorbereitet. Auch hier sind eine Videoprojektion und zwei Monitore zu sehen, auf denen sprechende Gesichter »Ich bin Isaak« oder »Ich bin Ismael« sagen. Die Videobox lädt die Besucherinnen dazu ein, sich diesen Sprechakt zu eigen zu machen und sich mit der Perspektive der Kinder zu identifizieren. Auf diese Weise können sie ein Teil der biblischen Geschichte werden, die die Ausstellung erzählt.
Passend zur Bedeutung des Namens Isaak (hebräisch: »er wird lachen«) sind vor der Box häufig lachende Besucher und Besucherinnen anzutreffen, die ihr frisch gedrehtes Video begutachten. Täglich entstehen hier etwa hundert Aufnahmen von immer neuen, anders sprechenden und sich gebärdenden Isaaks und Ismaels – eine Menge Filmmaterial, welches gesichtet werden muss, bevor es dauerhaft auf den Monitoren der Videobox ausgespielt werden kann. Ab und zu sitzt deshalb noch jemand in der Nähe der Box, mit einem Laptop auf dem Schoß und ebenfalls oft mit einem Schmunzeln im Gesicht, während er oder sie die neuen Aufnahmen sichtet. Jedes Mal, wenn ich diejenige bin, die das tut, staune ich über die Vielfalt unserer Museumsbesucher: In den Aufnahmen hören wir viele Sprachen, sehen viele Gesichter, werden angelächelt, fragend angeschaut oder ernst betrachtet. Nur einige wenige schweigen, während sich andere statt mit »Isaak« oder »Ismael« lieber persönlich vorstellen, ihre Eindrücke zur Ausstellung schildern oder den Schal ihrer Lieblingsfußballmannschaft präsentieren.
Die schwierigste Situation während der Aufnahme scheint dann zu entstehen, wenn der Anfang bereits gemacht ist: Nach dem Satz »Ich bin Isaak« oder »Ich bin Ismael« sind die Besucherinnen und Besucher aufgefordert, noch einige Sekunden – also eine gefühlte Ewigkeit – in die Kamera zu schauen und dann – ganz natürlich – zu lächeln. Und dieser Moment scheint Grimassen oder auch Nachfragen und Kommentare zu provozieren, wie etwa: »What about the girls?« Natürlich führt die Tatsache, allein mit einer Kamera in einer Box zu sein, auch zu sehr lustigen Szenen, vor allem bei denjenigen, von denen wir eine Einverständniserklärung der Eltern bräuchten: rappende Isaaks, singende Ismaels und tanzende Teenager.
Die singenden und tanzenden Talente, die wir hier zu sehen bekommen, freuen, beeindrucken und amüsieren uns sehr – auch wenn wir die Aufnahmen leider nicht zeigen dürfen.
Während der Laufzeit der Ausstellung werden wir in diesem Blog unsere Lieblingsaufnahmen aus der Videobox präsentieren und Ihnen unsere Isaaks und Ismaels des Monats vorstellen. Also kommen Sie ins Museum und machen Sie mit – oder schauen Sie hier auf dem Blog vorbei.
Lisa Albrecht, Medien, sitzt zweimal wöchentlich neben der Videobox und freut sich über die vielen Personen und Gesichter, die ihr in den Aufnahmen begegnen.