Veröffentlicht von am 28. Juli 2017 0 Kommentare

»Informativ, unerwartet, abwechslungsreich«

Stimmen unserer Besucher*innen zu Cherchez la femme

Seit mehr als drei Monaten können sich die Besucher*innen in unserer aktuellen Ausstellung Cherchez la femme dem Thema Kopfbedeckungen für Frauen in den drei großen Religionen nähern. Die Ausstellung zeigt unter anderem, dass die Grenzen von (religiösen) Kleidungsvorschriften immer wieder neu ausgelotet und interpretiert werden.  Da uns die Meinung unserer Besucher*innen sehr interessiert, haben wir uns ein wenig in der Ausstellung umgehört:

Christian (39 Jahre), Ludwigsburg, Gemeindeprediger, unterrichtet Deutsch und Geschichte

Welches Objekt hat Ihnen am besten gefallen?

Mehrere Kopftücher und Schleier auf Kopfmodellen präsentiert

Verschiedene Stilarten der Kopfbedeckung; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Yves Sucksdorff

Die Galerie mit den verschiedenen Arten von Kopfbedeckungen. Mich hat die Liebe zum Detail beeindruckt. Zum Beispiel war mir nicht klar, welche Unterschiede es bei Kopftüchern gibt, etwa zwischen türkischen und arabischen Stilen.

Welche Bedeutung haben Ihre Haare für Sie?

Es ist mir wichtig, dass sie gut aussehen. Ich gehe regelmäßig zum Friseur.

Würden Sie sagen, dass Sie sich an Kleidungsvorschriften halten?

Ja, zum Beispiel würde ich beim Predigen in der Gemeinde keine kurze Hose tragen. Das wäre unpassend.

Beschreiben Sie bitte die Ausstellung in drei Worten:

Informativ, unerwartet, abwechslungsreich.

Hagar (17), Italien, Schülerin

Welches Objekt hat Dir am besten gefallen?

Die Weltkarte fand ich interessant. Auf der einen Seite macht es mich ein bisschen traurig, dass man in manchen Ländern kein Kopftuch tragen darf. Auf der anderen Seite ist es schön zu sehen, dass man in vielen Ländern seine Religion praktizieren darf ohne Probleme zu bekommen.

Hast Du Dich vorher schon mit dem Thema der Ausstellung beschäftigt?

Egal, wo man hinkommt, wird man mit diesem Thema konfrontiert. Ich selbst habe vor drei Jahren angefangen, das Kopftuch im arabischen Stil zu tragen. Manchmal, wenn ich in Italien an einem öffentlichen Ort bin, kommen Leute auf mich zu und sagen: »Nimm es ab. Du bist hier nicht in einem Land, wo das viele Leute tragen.« Sie denken dann, dass ich gezwungen werde, ein Kopftuch zu tragen, aber das stimmt nicht. Ich habe mich selbst dazu entschieden.

Was bedeuten Haare allgemein für Dich?

Ich denke, dass jede Art von Frisur auf eine bestimmte Persönlichkeit hindeutet.

Beschreibe bitte die Ausstellung in drei Worten: 

Faszinierend, lehrreich, aufgeschlossen.

Shay (26), New York, studiert Soziologie

Welches Objekt hat Ihnen am besten gefallen?

Die drei Puppen, die unterschiedliche religiöse Badeanzüge tragen. Die Gemeinsamkeiten zwischen Judentum, Christentum und Islam zu sehen, fand ich interessant. Das war mir vorher nicht so klar.

Haben Sie sich vorher schon mit dem Thema der Ausstellung beschäftigt?

Nein. Dort wo ich wohne, sehe ich nicht so viel religiöses Leben auf der Straße.

Welche Bedeutung haben Ihre Haare für Sie?

Hm, darüber habe ich noch nie nachgedacht…Weiblichkeit vielleicht?

Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Geschlecht eine Rolle für die Wahrnehmung der Ausstellung spielt?

Ja, ich denke, dass ich mich als Frau mit den Erfahrungen von Frauen und ihren Geschichten verbunden fühle.

Monika (71), Brandenburg, Ingenieurin

Welches Objekt sehen Sie sich gerade an?

Frau mit nacktem Rücken. Steht leicht im Profil da. Gesicht von Haaren verdeckt.

Covered
Anna Shteynshleyger (geb. 1977)
Des Plaines, Illinois, USA 2006, Pigmentdruck
Courtesy if the artist

Die Fotografie mit dem Titel Covered von Anna Steynshleyger. Die untere Hälfte des Haars ist länger und verdeckt den größten Teil des Gesichts. Nur das Ohr ist frei, ganz verletzlich. Das berührt mich. Man weiß nicht, wer oder was sich hinter den Strähnen verbirgt.

Welche Bedeutung haben Ihre Haare für Sie?

Wenn jemand tolle Haare hat, gefällt mir das. Meine eigenen sind nichts Besonderes. Ich trage sie kurz. Das ist praktisch und gut fürs Radfahren.

Von welchem Ausstellungsstück sind Sie besonders fasziniert?

Das Youtube-Tube-Video, in dem die verschiedenen Techniken gezeigt werden, wie man ein Kopftuch anlegen kann, finde ich spannend. Da muss man schon sehr geschickt sein. Zudem gibt es tolle Stoffe und Muster.

Matthieu (21), Straßburg, studiert Engineering und Jazz

Welches Objekt hat Ihnen am besten gefallen?

Die Video-Installation mit dem Titel Blicke/The Gaze. Auf sechs Screens sind menschliche Augenpartien im Close-Up zu sehen.

Was hat Sie daran besonders interessiert?

Die Details. Pupillen, die sich verengen, wenn Licht in die Augen fällt. Hautunebenheiten, Falten, Poren, aus denen Schweiß rinnt. Manchmal nicht zu wissen, wen man vor sich hat. Einen Mann? Eine Frau? Weil wir nur einen Gesichtsausschnitt zu sehen bekommen, ist die Einordnung in eine Kategorie nicht mehr möglich.

Hat die Ausstellung Ihre Meinung zum Thema religiöse Kopfbedeckung verändert?

Verändert nicht, aber ich habe etwas dazugelernt. Auf der großen Karte im hinteren Teil der Ausstellung ist eingezeichnet, wie der Umgang mit religiöser Bekleidung weltweit rechtlich geregelt ist. Dass das so wahnsinnig unterschiedlich ist, war mir nicht klar. Ich komme aus Frankreich und war erstaunt darüber, dass mein Land zu den restriktivsten gehört, was dieses Thema betrifft.

Welche Bedeutung haben Ihre Haare für Sie?

Als ich 17 war, begannen mir die Haare auszugehen. Das war schlimm für mich. In meiner Teenager-Zeit trug ich meine Haare bis zu den Schultern. Sie gehörten zu mir und ich wollte mich nicht damit abfinden, dass das vielleicht nicht immer so sein würde. Mein Bruder hat dem Ganzen dann irgendwann ein Ende gesetzt. Nach einem langen Abend in einer Bar rasierte er mir die Haare einfach ab.

Beschreiben Sie bitte die Ausstellung in drei Worten:

Elegant, aufgeschlossen, verblüffend.

***

 

Die Interviews wurden von Franziska Schurr und Florian Schmeling geführt, die sich zuvor noch nie Gedanken über die Bedeutung ihrer Haare gemacht haben. Dass man in der Ausstellung auf neue Fragen stößt, gefällt den beiden sehr an Cherchez la femme.

Da die Ausstellungslaufzeit verlängert wurde, haben Sie noch bis zum 27. August die Gelegenheit, sich selbst ein Bild von Cherchez la femme zu machen.

Mehr Informationen zur Ausstellung und zum Thema Kopfbedeckung finden Sie auf unserer Website: https://www.jmberlin.de/ausstellung-cherchez-la-femme

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