Veröffentlicht von am 13. September 2018 1 Kommentar

Jewish Places geht heute live!

Ab sofort können Sie die neue Online-Plattform mit Inhalt und Leben füllen

Karte mit vier runden Ausschnitten aus historischen Fotos

Startscreen der Online-Plattform Jewish Places

 

Jewish Places macht lokalgeschichtliche Informationen zum jüdischen Leben in Deutschland über eine interaktive Karte zugänglich und lädt Nutzer*innen dazu ein, selbst Inhalte beizutragen. Durch diese Art der Partizipation werden neue Arten des Sammelns, Bewahrens und Teilens von Wissen über jüdisches Leben erprobt und ermöglicht.

Unscheinbares, frisch renoviertes Haus mit großem Garagentor

Die ehemalige Synagoge in Fürstenau, 2018; Antonius Westermeier, CC-by-SA 4.0

Im nordrhein-westfälischen Fürstenau befand sich von 1854 bis zu den Novemberpogromen 1938 die Synagoge der lokalen Jüdischen Gemeinde. Wer heute durch die Kleinstadt spaziert, sieht nicht, dass das unauffällige Gebäude in der Schwertestraße einst als Gebetshaus errichtet und genutzt worden ist. Denn wie viele Synagogen im nationalsozialistischen Deutschland wurde sie im Anschluss an ihre Schändung und Verwüstung verkauft und ihrem ursprünglichen Zweck entfremdet: Das Gebäude wurde zu einer Garage umgebaut, dass es einmal eine Synagoge war, sollte – so lautete die Auflage an den Käufer – nicht mehr erkennbar sein.

Das Wissen über ehemalige Orte jüdischen Lebens wie diesen ist in Büchern sowie in diesem Fall auch auf der Website einer lokalen Initiative zu finden. Ab sofort ist es zusätzlich auf der Internetplattform Jewish Places unter www.jewish-places.de gebündelt. Jewish Places ist eine interaktive Karte, die auf dem Open-Source-Kartenmaterial von OpenStreetMap basiert und gemeinsam von mehreren wissenschaftlichen und kulturellen Bildungseinrichtungen, darunter das Jüdische Museum Berlin, sowie Gedächtnisorganisationen aus Deutschland und Europa entwickelt wurde.

Auf der Website können Nutzer*innen sich einerseits über jüdische Orte und Geschichte informieren, andererseits können sie selbst Inhalte beisteuern und Medien wie Fotos und Videos teilen.

Screenshot aus Jewish Places, der die Einpflegeoberfläche für das Anlegen eines neuen Eintrags auf der Karte zeigt

Einen neuen Ort bei Jewish Places anzulegen ist ganz einfach …

 

Über die Karte kann jede*r die durch Punkte am jeweiligen Ort gekennzeichneten, lokalgeschichtlichen Informationen über jüdisches Leben in Deutschland abrufen und interaktiv erweitern.

Der interaktive Aspekt ist das Neuartige des Projekts und für Institutionen wie das Jüdische Museum Berlin ein progressiver Schritt, das Sammeln, Bewahren und Teilen von Wissen über die bisherigen Möglichkeiten hinaus zu erweitern, Jewish Places schlägt eine Brücke zwischen historischem und aktuellem jüdischen Leben, es öffnet den musealen Raum für die Lebenswirklichkeit aller und macht das Museum damit anschlussfähig an zeitgenössische Prozesse.

Während zu Beginn bereits vorhandene Daten der verschiedenen Partner-Websites auf der Karte zur Verfügung stehen, ist unser Wunsch und Ziel für die Zukunft, dass schon bald viele neue zusätzliche Punkte auf der Karte erscheinen werden. Denn für bislang unbekannte und unscheinbare Orte wie die ehemalige Synagoge in Fürstenau interessieren sich die Initiator*innen von Jewish Places besonders. Schließlich sind viele Gebäude, Straßen und Areale heute nicht mehr als Orte erkennbar, an denen jüdisches Leben stattfand, und das Wissen über sie geht zunehmend verloren. Es zusammenzutragen, zu visualisieren und der Öffentlichkeit frei zugänglich zu machen ist das Ziel von Jewish Places. Auch im Fall der ehemaligen Fürstenauer Synagoge sind noch Informationslücken zu füllen: ein Foto der ehemaligen Synagoge vor ihrer Verwüstung 1938 fehlt derzeit beispielsweise noch.

Screenshot. der links ein historishes Foto des Gebäudes und rechts eine Karte zeigt, auf der der Standort der Liegenschaft markiert ist

Screenshot der Seite aus Jewish Places mit den zum Projektlaunch am 13. Juni 2018 verfügbaren Informationen zur ehemaligen Synagoge in Fürstenau – Link zu dieser Seite in Jewish Places aufrufen

 

Um auf Jewish Places ein möglichst vielfältiges digitales Abbild jüdischen Lebens präsentieren zu können, sind also vor allem Menschen vor Ort gefragt: Wer von einem jüdischen Ort in seiner Umgebung weiß, kann ihn auf der Karte markieren und Fotos oder Videos beisteuern; bestehende Einträge können erweitert und bearbeitet werden. Durch diesen User-generated Content entsteht nach und nach ein visuelles Verzeichnis jüdischer Orte, das von überall abgerufen werden kann.

Jewish Places markiert den Beginn einer digitalen Revolution innerhalb des Jüdischen Museums Berlin: Mithilfe neuer Technologien ermöglichen wir neue Formen der Partizipation: jede*r kann in Diskussionen mit anderen Nutzer*innen eintreten; jede*r kann sein eigenes Wissen hinzufügen und neue Daten einspeisen; so schafft die Community gemeinsam eine Website mit einem reichhaltigen Angebot zu jüdischem Leben in Deutschland.

Die so gesammelten Informationen stehen allen zur Verfügung und können auf denkbar viele Weisen genutzt werden: Nutzer*innen können Spaziergängen folgen, die sie an jüdische Orte in ihrer Nähe führen.

Screenshot, der eine Karte zeigt, auf der die Stationen des Spaziergang eingezeichnet sind

Screenshot aus Jewish Places, der den Stadtspaziergang durch Oldenburg zeigt – Link zu dieser Seite in Jewish Places aufrufen

 

Schülergruppen können auf Spurensuche gehen, um jüdische Lokalgeschichte zu entdecken und ihr Wissen mit anderen zu teilen. Ebenso können die auf der Plattform zu findenden Informationen zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen anregen.

Das Team, das Jewish Places entwickelt hat, weiß um das verbindende Potenzial der Website. Projektmanagerin Anika Nowak-Wetterau unterstreicht die aus Jewish Places erwachsenden Vernetzungs- und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Museen und Institutionen, die sich jüdischer Geschichte widmen:

»Einrichtungen in Städten und Bundesländern haben häufig Schwierigkeiten, Gelder zu akquirieren. Jewish Places kann auch kleineren Einrichtungen Aufwind geben und Ressourcen bereitstellen.«

Und David Studniberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Jewish Places, fügt hinzu:

»Wir wollen Wissen teilen, verbreiten und gemeinsam generieren. Somit können wir die große Vielfalt an jüdischem Leben und jüdischer Geschichte sichtbar machen.«

Screenshot aus Jewish Places, der eine Karte mit zahlreichen bunten Markierungen mit verschiedenen Symbolen zeigtJewish Places lebt von der Mitarbeit und Unterstützung vieler engagierter Nutzer*innen. Wir laden Sie herzlich dazu ein, Ihr Wissen über historische und aktuelle jüdische Orte mit uns zu teilen!

 

Nina Breher befindet sich derzeit auf Reisen; sollte sie unterwegs Spuren jüdischen Lebens finden, wird sie diese selbstverständlich umgehend auf Jewish Places teilen …

 
Trailer zum Launch von Jewish Places
Jewish Places dankt allen Förderern für das entgegengebrachte Vertrauen und das großzügige Engagement:

  • Friends of the Jewish Museum Berlin in the U. S.
  • Rothschild Foundation Hanadiv Europe
  • Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
  • F. C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz
  • Sam Gronner & Tamar Kallman (mit Schwerpunkt Ilmenau/Thüringen)
Kommentiert von Thomas Kuntsche am 26. September 2018, 10:07 Uhr

Ein dickes Dankeschön für die tolle Idee. Weiter so.

Grüße Thomas Kuntsche

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