Ein Hammerschlag vor 75 Jahren

Die Anzeige eines Auktionshauses als letztes Lebenszeichen aus Deutschland

Geöffneter Koffer, in dem verschiedene Dokumente und Fotografien liegen

Franziska Bogdanov beim Auspacken des Koffers von Arno Rosenfeld
Jüdisches Museum Berlin CC-BY Katharina Erbe

In unserem Archiv haben wir Bestände mit ganz unterschiedlichen Überlieferungsgeschichten: Wir erhalten Vorlässe von deutsch-jüdischen Emigranten aus der ganzen Welt, oder deren Kinder wenden sich an uns und übergeben die Nachlässe ihrer Eltern. Einige Stiftungen bekommen wir auch aus Deutschland, oft von Menschen, die selbst nicht jüdisch sind, aber in deren Familien Erinnerungsstücke an jüdische Freunde oder Bekannte überliefert sind.

Ende des vergangenen Jahres erhielten wir eine Schenkung aus dem Nachlass eines ehemaligen Berliners, der kurz zuvor in New Jersey, USA verstorben war. Es handelte sich um einen großen Koffer, der mit Dokumenten, Briefen, Fotografien und auch Objekten bis oben hin gefüllt war.  weiterlesen


Der erste Kindertransport

Ausweis mit Passbild und mehreren Stempeln


Kinderausweis von Beate Rose
© Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Beatrice Steinberg

Heute vor 75 Jahren, am 2. Dezember 1938, erreichte der erste Kindertransport englischen Boden. Unter den letzten Kindern, die auf diese Weise gerettet wurden, befand sich Beatrice Steinberg (damals Beate Rose), eine Stifterin von uns. In ihren Memoiren, die wir im Archiv aufbewahren, erinnert sie sich an ihre Abreise aus Deutschland im Sommer 1939:

»[…] Meine Mutter brachte mich zum Zug, der sich später als einer der letzten Kindertransporte nach England herausstellte […]. Ich war so aufgeregt, dass ich die Treppen zum Bahnhof hochstürzte, ohne meiner Mutter auch nur ›Auf Wiedersehen‹ gesagt zu haben. Sie rief mich zurück, wir umarmten und küssten uns, ich bestieg den Zug, ging zum Fenster und wir winkten uns zu. Das war das letzte Mal, dass ich sie sah.«

rundes Schild mit der Aufschrift »Kindertransport«, in der Mitte eine Nummer

Kindertransport-Nummernschild von Beate Rose
© Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Beatrice Steinberg

Für die damals Zwölfjährige war die Reise ein Abenteuer, aber man kann sich vorstellen, wie groß die Verzweiflung gewesen sein muss, die ihre Eltern dazu bewog, die Tochter alleine fortfahren zu lassen. Die Kindertransporte begannen drei Wochen nach dem Novemberpogrom. Beates Vater war zu dieser Zeit im KZ Buchenwald inhaftiert. Ihre Eltern versuchten wie hunderttausende jüdische Männer und Frauen, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Doch welches Land würde seine Grenzen für die Flüchtlingsströme öffnen? Restriktive Einreisebedingungen und eine unüberschaubare Bürokratie machten die Emigration zu einem langwierigen und mühsamen Unterfangen.  weiterlesen