Veröffentlicht von am 13. August 2012

STÜRMER-Riegel

Schokoladenriegel mit der Aufschrift »STÜRMER«Ich traute meinen Augen kaum, als eine Kollegin gestern Mittag in der Kantine des Jüdischen Museums einen Schokoriegel kaufte, der abgesehen von der Aufschrift STÜRMER haargenau aussah wie der vertraute Snickers-Riegel. Es sollte sich herausstellen, dass meinen Augen nichts fehlte. Denn mit Hilfe der Webseite des Schokoriegelherstellers Mars, Inc., fand ich nach der Mittagspause heraus, dass die sogenannten »Stürmer-Riegel« Teil einer »happy day«-Sonderkampagne sind, die den Absatz während der Fußball-Europameisterschaft ankurbeln soll. Manchmal sehen wir im Museum Gespenster, weshalb ich erleichtert war, dass nicht jeder den Namen »Stürmer« mit dem berüchtigten antisemitischen Hetzblatt verbindet, das die Nazis in den 1920er und 1930er Jahren in Umlauf brachten…

Naomi Lubrich, Medien

Veröffentlicht unter Im Jüdischen Museum Berlin, Küche
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Veröffentlicht von am 10. August 2012

Ein Film, drei Meinungen

»Deutsche Juden sind interessant«, kommentiert trocken der israelische Regisseur Arnon Goldfinger in seinem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm »Die Wohnung« (הדירה 2011).

Ehepaar im Café

Gerda und Kurt Tuchler © Goldfinger / Tuchler Familienarchiv

Die Wohnungsauflösung seiner kürzlich verstorbenen deutsch-jüdischen Großmutter Gerda in Tel Aviv nimmt Goldfinger zum Ausgang seiner detektivischen Zeitreise in deren deutsche Vergangenheit, über die bis dahin in der Familie geschwiegen wurde. Entsprechend groß ist die Ratlosigkeit unter den zahlreichen Verwandten, als diese in der Wohnung über einige Ausgaben der Nazi-Propaganda-Zeitung »Der Angriff« von 1935 stolpern.  weiterlesen

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Veröffentlicht von am 3. August 2012

Woody Allens deutsche Schreibmaschine

Woody Allen: A Documentary handelt vom Leben und Werk eines der einflussreichsten jüdischen Filmemacher der letzten fünfzig Jahre. In einer Reihe von Interviews geben Kollegen und Zeitgenossen wie Martin Scorsese, Diane Keaton, Scarlett Johansson, Naomi Watts und Stephen Tenenbaum Anekdoten und Lobreden über Allen zum Besten. Leider sagen die meisten nicht viel mehr, als dass Woody Allen ein »super Typ« sei, mit dem man phantastisch arbeiten könne. Der Film versäumt durchweg, nachhaltigeren Fragen nachzugehen, wenn sie auch gelegentlich anklingen.

Woody Allen mit Kopfhörer

Woody Allen © MCM, Foto: Brian Hamill

So bleibt unbeantwortet, inwiefern Allen seinen jüdischen Hintergrund als Quelle und Zielscheibe seines Humors versteht? Ob Allens Zeitgenossenschaft mit dem Nationalsozialismus (er wuchs im New York der 1940er Jahre auf) die Darstellung seiner neurotischen jüdischen Filmcharaktere beeinflusst hat? Was ihn »Anfang der 1940er Jahre« von einem fröhlichen Kleinkind in ein übellauniges Kind verwandelt hat? Und warum er seine Drehbücher auf einer veralteten deutschen Schreibmaschine tippt, die er mit einem Panzer vergleicht, der ihn, wie er meint, lange überleben wird? Als kinematographisches Äquivalent zur Berichterstattung in der Boulevardpresse, wird der Film Woody Allen als einer der subtileren und intellektuelleren Figuren in der Populärkultur jedenfalls nicht gerecht. (Woody Allen: A Documentary. Regie: Robert B. Weide.)

Naomi Lubrich, Medien

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