Hadas Tapouchi © Katja Täubert
Geschichte lässt sich nicht bannen. Nicht in Messing, nicht in Metall. Sagt zumindest Hadas Tapouchi. Die in Berlin lebende israelische Künstlerin sieht in Monumenten und Inschriften den eigentlichen Sinn des Gedenkens verfehlt. Diese Form der Erinnerung sei unvermeidlich auch eine Flucht ins Vergessen.
Keine Frage: Hadas arbeitet gegen das Vergessen. Als ich sie vor knapp vier Jahren erstmals in ihrer damaligen Tel Aviver Wohnung traf, sprang mir als Erstes ein inszeniertes Selbstporträt der Künstlerin in Häftlingskleidung ins Auge: ein früher Vorläufer ihres Projektes »Die Dritte Generation«. Seitdem sind zahlreiche Porträts entstanden. Bilder gemeinsamer Freunde, ein Bild des Autors selbst, Bilder junger Frauen und Männer aus Berlin, Tel Aviv und Ramallah. → weiterlesen
Immer mehr junge Israelis ziehen nach Berlin und tummeln sich zwischen Berghain und Meschugge-Party, Neukölln und Prenzlauer Berg. Für die Medien sind sie ein Dauerthema, das nicht nur durch das fünfzigjährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel Konjunktur hat. Tatsächlich gibt es nicht wenige junge Menschen, die mit innovativen Ideen und Elan in die deutsche Hauptstadt kommen und sich hier als Start-Up-Gründer, Café-Betreiber, Künstler oder Partyveranstalter versuchen.
Skyline Berlins mit Blick auf das Jüdische Museum Berlin © Michele Nastasi
Doch wie sieht die Wirklichkeit aus?
Letztes Jahr lernte ich in einer Berliner Galerie Noga kennen und wir kamen schnell ins Gespräch über Familie, Berlin und Israel. Im September 2010 Jahren waren Noga und ihr Ehemann Zeevi nach Berlin gezogen, mit zwei Koffern in den Händen – nicht um hier das Partyleben auszukosten, sondern um zu bleiben. Ich treffe beide, um mit ihnen über ihr Leben in Berlin zu sprechen.
Jihan Radjai: Warum habt ihr euch dafür entschieden, nach Berlin zu ziehen? → weiterlesen
Anna Adam, »Seelsorge am Deutsch-Polnischen Grenzpfosten«, März 2015 © Jalda Rebling
Der Weg ist nicht einfach zu finden. Wie gut, dass mich die Künstlerin an der nahegelegenen U-Bahn-Station im Wedding abholt. Gemeinsam queren wir Gewerbehöfe, kommen an einem Halal-Imbiss vorbei, steigen Treppen und stehen plötzlich vor der Ateliertür. Kaum hat Anna diese geöffnet, entdecke ich den »Koscherwichtel«, der alles mit seinem Fernglas betrachtet.
Genau diese Figur hat die Künstlerin für unseren Kunstautomaten auf eine Karte gebracht, die man durch Schneiden und Falzen in ein dreidimensionales Objekt verwandeln kann. Auf der Anleitung steht, dass man sich dieses in die Küche stellen solle und alles gut werde.
Ateliertür mit »Koscherwichtel« © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Gelia Eisert
Anna, was bedeutet der seltsame Name »Koscherwichtel«? Passen »koscher« und »Wichtel« überhaupt zusammen? Wieso wird dann alles gut? Ich bin irritiert.
Bei uns zu Hause stand »Wichtel« für einen kleinen, wichtigen Mann. Von diesen »wichtigen Männern« gibt es viele. Geboren wurde mein »Koscherwichtel« im Jahre 2002. Er soll auf jeden Fall irritieren. »Koscher« und »Wichtel« passen zusammen, weil ich mich der »Heilung der deutsch-jüdischen Krankheit«, wie ich das nenne, verschrieben habe. Dafür arbeite ich mit satirischen Mitteln, die im Unterschied zur Comedy tagespolitische Ausgangspunkte haben.
Du hast sein Geburtsjahr erwähnt. Unter welchen Umständen wurde der »Koscherwichtel« geboren? → weiterlesen