Das Kol Nidre und die »bürgerliche Verbesserung der Juden«

– ein jahrhundertelanger Streit

Ein Feldgeistlicher zelebriert das Kol Nidre vor Soldaten

Bildpostkarte »Kol Nidre vor Metz 1870«, Schenkung von Liselotte Eschenbach, weitere Informationen zum Objekt in unseren Online-Sammlungen
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe

Am 23. September feiern wir dieses Jahr Jom Kippur. Wie immer werden am Vorabend des Versöhnungstages die Synagogen brechend voll sein mit Menschen, die angespannt auf das Singen des Kol Nidre warten. Das Kol Nidre ist ein Gebet in Form einer Erklärung auf Aramäisch und Hebräisch. Darin wird Gott angefleht, »alle Gelübde, Verbote, Bannsprüche, Umschreibungen und alles, was dem gleicht, Strafen und Schwüre, die wir geloben, schwören, als Bann aussprechen, uns als Verbot auferlegen« zu vergessen, und zwar entweder die des vergangenen oder die des kommenden Jahres.
Diese doch recht überraschende Bitte warf bei vielen jüdischen Gelehrten im Laufe der Geschichte die Frage nach der Berechtigung des Kol Nidre auf.  weiterlesen

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»Ich seh’ ein Land, hell und klar,
und die Zeit ist schon nah
dann werden wir dort leben, du und ich …«

Bald ist Pessach – das Fest von Exodus und Freiheit. Wobei dieses Jahr seltener als sonst vom Festmahl mit der ganzen Gemeinde die Rede ist. Keiner sagt es laut, aber jedem ist klar, dass man besser in kleinerer Gruppe zu Hause feiert. Wir meiden die Gemeindehäuser aus Furcht. Bloß nicht auffallen. Auf der Straße nicht Hebräisch sprechen. Manche entfernen die Mesusa aus ihrem Türrahmen, weil sie ein Haus oder eine Wohnung als jüdisch kenntlich macht. Die vorherrschende Stimmung ist angespannte Vorsicht.

Wie ist es so weit gekommen?

Plakat an einer Litfaß-Säule: Imam Ferid Heider und Rabbiner Daniel Alter werben gemeinsam für die »Cycling Unites«-Critical-Mass-Tour am 22. März 2015 in Berlin

Imam Ferid Heider und Rabbiner Daniel Alter werben gemeinsam für die »Cycling Unites«-Critical-Mass-Tour am 22. März 2015 in Berlin, Foto: Michal Friedlander

Juni 2014
Berlin, Friedrichstraße. Ein Betrunkener rollt langsam über den Bahnsteig, bis er auf die U-Bahngleise stürzt. Etwa 60 Leute stehen dabei und schauen weg, in der Hoffnung, dass jemand anders sich des unappetitlichen Problems annimmt. Und tatsächlich, ein Italiener und ein Israeli springen ins Gleisbett und holen den so gut wie bewusstlosen Mann wieder heraus. Die Menge schiebt sich an ihnen vorbei und drängt zum ankommenden Zug.

Juli 2014
Gespräche bei einer Dinnerparty. Meine Tischnachbarn werden politisch, aber ich habe keine Lust, über Israel zu reden. Der junge Mann neben mir fragt mich, ob ich die jüngste Pro-Palästinenser-Demo auf dem Kurfürstendamm gesehen hätte. Mit gedämpfter Stimme fährt er fort:  weiterlesen


Veröffentlicht von am 4. März 2015 0 Kommentare

»Die schlaue Esther« – nichts für Kinder?!

Purim ist ein Familienfest, bei dem sich Kinder verkleiden, mit Ratschen lärmen und traditionelle Hamantaschen naschen. Bei so viel Heiterkeit mutet es ein wenig erstaunlich an, dass dieses Fest  auf einer biblischen Geschichte basiert, die alles andere als fröhlich und jugendfrei ist.

Eine Stoffpuppe sitzt auf einem Thron und schaut eine weibliche Stoffpuppe an, die auf einem Podest steht

Der König Achaschwerosch verliebt sich in Esther © Foto: Shlomit Tulgan

Das Buch Esther, welches an Purim gelesen wird, berichtet von einer spektakulären Rettungsaktion des jüdischen Volks durch das Waisenmädchen Esther in dem von König Achaschwerosch regierten persischen Reich. Der unbekannte Autor verfasste die Geschichte im Stil einer literarischen Dichtung, in deren Handlungsverlauf Gott keine maßgebende Rolle zu spielen scheint. Vielmehr steht die List im Vordergrund, mit der es Esther und ihrem Onkel Mordechai gelingt, den Wesir Haman daran zu hindern, sein geplantes Pogrom gegen die persischen Juden in die Tat umzusetzen.  weiterlesen

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