Ein Interview mit Ines Pohl
Die Europäische Union steht momentan vor einer Zerreißprobe: das Austrittsbegehren Großbritanniens, die Zunahme rechtspopulistischer Bewegungen, fehlende Lösungen für die Fluchtbewegungen, Furcht vor Terroranschlägen und wirtschaftlicher Abstieg. In der Debatte um eine zukunftsfähige Politik wird dabei oftmals Bezug auf die Geschichte genommen.
Auf unserer Veranstaltung »Krisenzeiten« am 7. September 2016 möchten wir daher mit internationalen Gästen aus Großbritannien, Frankreich, Polen und Deutschland die Bedeutung der Vergangenheit für die gegenwärtige Politik der europäischen Staaten angesichts der aktuellen Probleme diskutieren. Zu Gast sind Dan Diner, Dietmar Herz, Étienne François, Hans Kundnani und Adam Michnik. Moderiert wird der Abend von Ines Pohl, der wir vorab vier Fragen gestellt haben und damit den Blick auf die USA erweitern.
Nevin Ekinci: Frau Pohl, Sie sind seit Ende 2015 Korrespondentin der Deutschen Welle in Washington. Wie nehmen Sie aus der Ferne die Debatten um die aktuellen »Krisen« in Europa wahr? Würden Sie überhaupt von »Krisenzeiten« sprechen?
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Drei Fragen an Marion Kraft
Die Herausgeberin Marion Kraft; Foto: privat
In der Reihe »Neue deutsche Geschichten« stellen wir am 6. Juli 2016 den Sammelband »Kinder der Befreiung« vor. Zu Gast sind die Herausgeberin Marion Kraft und die Autorinnen Ika Hügel-Marshall und Judy Gummich. Sie werden an diesem Abend über die Erfahrungen und Perspektiven Schwarzer Deutscher der Nachkriegsgeneration sprechen und damit einen wenig bekannten Teil deutscher Geschichte und US-amerikanisch-deutscher Beziehungen beleuchten. Der Band bringt die Biografien und Stimmen vieler verschiedener Autor*innen zusammen und widmet sich Fragen von Rassismus in Geschichte und Gegenwart sowie der vielfältigen Realität Schwarzer Menschen in Deutschland.
Wir haben Herausgeberin Marion Kraft vorab drei Fragen gestellt:
Serpil Polat: Liebe Frau Kraft, wie ist die Idee zu diesem Projekt entstanden und was hat Sie persönlich dazu motiviert?
Marion Kraft: Die Idee zu dem Buch entstand im Herbst 2014 in persönlichen Gesprächen mit einigen der Autor*innen, die, wie ich auch, als Kinder afroamerikanischer Soldaten und weißer deutscher Frauen in den Nachkriegsjahren in Deutschland zur Welt kamen. → weiterlesen
Das tragische Schicksal von Shmuel Dancyger sel. A.
Die Familie am Grab von Shmuel Dancyger; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Morris Dancyger
Während eines Aufenthalts in meiner kanadischen Heimatstadt Calgary (Alberta) im Sommer 2014 hatte ich Gelegenheit, Morris und Ann Dancyger zu treffen. Beide haben als Kinder den Holocaust überlebt. Morris Dancyger gehörte zu den wenigen Minderjährigen, die am 27. Januar 1945 in Auschwitz von der sowjetischen Armee befreit wurden. In den ikonisch gewordenen Filmaufnahmen, in denen Jungen und Mädchen ihre tätowierten Arme zeigen, steht der damals vierjährige Morris im Zentrum. Ann Dancyger überlebte 1942 zusammen mit ihrer Mutter auf wundersame Weise eine Erschießungsaktion in der Nähe der Stadt Ratno in der heutigen Ukraine, in der sie geboren wurde und anschließend beinahe drei Jahre im Versteck zubrachte. Als der Krieg zu Ende war, machte sie sich auf den Weg Richtung Deutschland. Von dort gelangte sie zwei Jahre später schließlich nach Calgary, wo Verwandte von ihr wohnten. Als ich dort aufwuchs, kannte ich die Dancygers nicht, und obwohl ich viel später etwas über das traurige Schicksal von Morris Dancygers Vater Shmuel gelesen hatte, war mir nicht bewusst, dass seine Witwe und Kinder in Calgary wohnten. → weiterlesen