Veröffentlicht von am 27. Mai 2014 0 Kommentare

Auf der Suche nach den neuen Deutschen

Besuch im Lesesaal der Akademie

Was haben Bücher mit Titeln wie Muslime im säkularen Rechtsstaat, Diaspora Identities oder z.B. 650 Jahre Rixdorf im Jüdischen Museum zu suchen? Diese Frage zu beantworten, ist Aufgabe der Akademieprogramme Migration und Diversität. Die Frage dagegen, wie Sie diese Bücher bei uns finden, fällt in die Zuständigkeit der Bibliothek.

Eine Lesesaalbesucherin informiert sich beim Bibliothekar am Informationspult.

Lesesaal der Bibliothek des Jüdischen Museums Berlin
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Mirjam Bitter

Nehmen wir mal an, Sie suchen Informationen über Sozialstruktur, Vereine und Biographien von Migranten in Berlin, am besten über Kreuzberg, wo Sie vor zwei Jahren aus der hessischen Provinz hingezogen sind. Nach Ihrem Museumsbesuch am Sonntagnachmittag wollten Sie sich auch die neue Akademie anschauen, wo vor einiger Zeit diese Veranstaltung über die neuen Deutschen stattfand, von der Ihnen ein Freund erzählt hatte. Die Akademie ist zwar am Wochenende geschlossen, ein Host sagte Ihnen aber, dass es dort auch eine Bibliothek gibt. Gleich am Montag kommen Sie vorbei und fragen im Lesesaal nach Türken in Kreuzberg. Nun würde der Bibliothekar am liebsten sagen: zweites Regal links, hinten durch, da steht, was Sie suchen. Aber so einfach ist es leider doch nicht.  weiterlesen


Veröffentlicht von am 19. März 2014 0 Kommentare

InderKinder

Über den kreativen Umgang mit Zuschreibungen

Buchcover von »InderKinder« mit einem Foto spielender Kinder

Buchcover
© Draupadi Verlag

In der Akademie des Jüdischen Museums stellen Urmila Goel und Nisa Punnamparambil-Wolf morgen das von ihnen herausgegebene Buch InderKinder – Über das Aufwachsen und Leben in Deutschland (Drapaudi Verlag) vor. Es ist die dritte Veranstaltung der Reihe »Neue deutsche Geschichten«, in der wir anhand von Biografien die Geschichte und Gegenwart Deutschlands als Migrationsgesellschaft beleuchten. In der Lesung und Diskussion kommen dieses Mal die Kinder von Migrantinnen und Migranten aus Indien zu Wort, die erst seit der Green-Card-Kampagne im Jahr 2000 auch öffentlich wahrgenommen werden.

Wir haben den beiden Herausgeberinnen Urmila Goel und Nisa Punnamparambil-Wolf vorab drei Fragen gestellt:

Wie kam es zu dem Buchtitel?

Mit dem Buchtitel nehmen wir Bezug auf die ausgrenzende »Kinder statt Inder«-Kampagne aus dem Jahr 2000. Das Wortspiel »InderKinder« geht ironisch damit um, dieser kreative Umgang mit Zuschreibungen war uns wichtig. Mit dem Buch wollen wir zeigen, wie vielfältig Menschen, die in Deutschland aufgewachsen sind und leben, mit der Zuschreibung umgehen, Kind von indischen Migrantinnen und Migranten zu sein.

Das Buch besteht aus zwei Teilen – autobiografischen Erzählungen und Essays. Was für ein Konzept verfolgen Sie damit?   weiterlesen


Veröffentlicht von am 10. März 2014 0 Kommentare

Hybride Identitäten statt »Überfremdung«

Warum Stuart Halls Tod einen Verlust für unsere Akademieprogramme darstellt

Vor genau einem Monat, am 10. Februar 2014, ist Stuart Hall gestorben. Es ist eine der Todesmeldungen, die tatsächlich das Gefühl eines persönlichen Verlusts aufkommen lassen. Die antirassistischen Schriften dieses bekannten britischen Soziologen und Mitbegründers der Cultural Studies wurden Mitte der 1990er Jahre erstmalig ins Deutsche übersetzt – zu einer Zeit, als man hier gerade damit begann, sich überhaupt mit Rassismus zu befassen.

Demonstranten an einer Stele mit Davidstern, von einem Plakat ist nur die Hälfte zu lesen: »... Ausländerfeindlichkeit ... Mehr Mut wäre gut.«

Mitglieder der Jüdischen Gemeinde halten eine Mahnwache am Deportationsmahnmal Putlitzbrücke
Foto: Michael Kerstgens, Berlin 1992

Sein Zugang eröffnete damals eine neue Welt und stellte ein neues Vokabular zur Verfügung: Bis dahin war in der Bundesrepublik von »Ausländer-« oder »Fremdenfeindlichkeit« die Rede, die zudem als gesellschaftliches Randphänomen abgetan wurde. Medien wie Politikerinnen und Politiker sprachen selbstverständlich von einer »Belastungsgrenze«, die »überschritten« sei angesichts der »Überfremdung« – ein rassistisch fundierter Begriff, der zum Unwort des Jahres 1993 avancierte. Damit wurden die zeitweise alltäglichen Brandanschläge auf Asylbewerberunterkünfte und Wohnungen von Eingewanderten erklärt – ebenso die Hetzjagden, die pogromartigen Ausschreitungen in Rostock, Hoyerswerda und anderswo sowie das Bestehen von No-go-Areas in Städten und Landgemeinden. Konsequenterweise wurde 1993 das Asylrecht so geändert, dass es nach juristischer Einschätzung als »faktisch abgeschafft« gilt. Wer sich damals auf wissenschaftlicher und theoretisch fundierter Grundlage mit Rassismus als Strukturphänomen befassen wollte, musste zu Autorinnen und Autoren aus England, Frankreich, den USA oder Kanada greifen – und immer wieder zu Stuart Hall.  weiterlesen

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