Veröffentlicht von am 23. August 2012

Falsch gemacht

In einem Video berichtet die Architektin MJ Long, die wie Kitaj als Amerikanerin in London lebte, über die Zeit, als sie Kitajs Haus in Chelsea umbaute und für ihn Modell saß.


»Ich fand es verwirrender, für ihn Modell zu sitzen, als seine Architektin zu sein. Man hat einfach das Gefühl, als hätte man irgendwie etwas falsch gemacht, vor allem, wenn’s nicht gut läuft, was er einen immer genau spüren lässt. […] Vor und nach den Sitzungen war es eine Freude, weil er sich immer zu einem setzen und sich unterhalten wollte, aber wenn er arbeitete, fühlte ich mich sehr eingeschüchtert von ihm.«

Mehr zu R.B. Kitaj finden Sie unter: www.jmberlin.de/kitaj


Veröffentlicht von am 17. August 2012

Nackte Frauen und politische Botschaften

Soldat mit grüner Mütze

R.B. Kitaj, Juan de la Cruz, 1967 © R. B. Kitaj Estate. Astrup Fearnley Museum of Modern Art, Oslo

Erst jetzt, als ich wirklich ganz genau hinsah, bemerkte ich es: Auch mein Lieblingsbild von R.B. Kitaj, Juan de la Cruz, hat eine für seine Malerei so eigentümlich explizite und aggressive sexuelle Komponente: Nackte Frauen sind Vehikel für politische Botschaften – hier zum Vietnamkrieg – und historische Episoden, zum Beispiel über den Hl. Johannes vom Kreuz und der Hl. Theresa von Àvila und deren jüdische Herkunft, was ich grundsätzlich problematisch finde. Aber mir gefällt das Bild nichtsdestotrotz: Ich mag die vielen kräftigen Farben, das dunkelblaue Meer unter dem hellblauen Himmel, die grüne Mütze auf dem Kopf des Soldaten und das Gelb hinter ihm. Das Bild und die Gegensätze, die es in sich vereint – die fein gezeichneten Züge des Soldaten, neben schlichten geometrischen Formen –, strahlen etwas sommerlich Positives aus.

Mehr zu R.B. Kitaj finden Sie unter: www.jmberlin.de/kitaj

Christine Marth, Publikationen


Veröffentlicht von am 8. August 2012

R.B. Kitaj, Philip Roth und ich…

Nackte Frau auf einem Drehstuhl

The Ohio Gang, 1964 © R.B. Kitaj Estate 2012. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence

Die Vorbereitungen der Ausstellung »R.B. Kitaj (1932–2007) Obsessionen« im Jüdischen Museum haben mich zu Philip Roth zurückgebracht. Ich versuche ungefähr alle 10 Jahre mal wieder, ihn zu lesen – warum? Aus Neugier; um meine feministische, oder besser schlicht: weibliche Unlust an Roth zu prüfen; um zu sehen, ob vielleicht mit zunehmender Reife ein Erkenntnisprozess einsetzt, der mich dem alternden, sex-besessenen, weißen, männlichen Ego der Roth-Helden mit Empathie begegnen lässt; oder um endlich zu entdecken, warum genau Roth der Meister der US-amerikanischen Literatur ist, der er unbestritten ist. Es heißt, der lüsterne Puppenspieler Mickey Sabbath aus »Sabbath’s Theater« ist dem Nachbarn und Freund des Autors, R.B. Kitaj, nachempfunden, aber auch andere Figuren Roths tragen Züge oder teilen biografische Stationen des Künstlers. Fazit: Ich kann nicht behaupten, dass mir die Figuren von Philip Roth sympathischer geworden sind, aber ich merke, sie sind in einer gewissen Weise »historisch« geworden, ein Abbild ihrer Zeit, und ein bisschen ist es so, wie man sich an den grabschenden Chauvis von Mad Men erfreut, ohne sich unbedingt in die Zeit der übersexten Sekretärinnen und verhuschten Hausfrauen zurückzusehnen. Auf jeden Fall ist die projizierte Figur des Künstlers R.B. Kitaj in meiner Vorstellungskraft plastischer, dreidimensionaler geworden – und ich bin umso mehr gespannt darauf, den »echten« Kitaj ab September in den Gemälden im Jüdischen Museum kennenzulernen!

Mehr zu R.B. Kitaj finden Sie unter: www.jmberlin.de/kitaj

Signe Rossbach, Veranstaltungskuratorin