Der Autor © David Ranan
Für sein Buch »Die Schatten der Vergangenheit sind noch lang – Junge Juden über ihr Leben in Deutschland« hat der Kulturwissenschaftler David Ranan Interviews mit Jüdinnen und Juden zwischen zwanzig und vierzig Jahren geführt, deren Großeltern den Holocaust überlebten und sich nach dem Krieg in Deutschland ansiedelten. Im Rahmen der Reihe »Neue deutsche Geschichten« wird der in London lebende Autor am 7. Juli 2015 in der Akademie des Jüdischen Museums Berlin sein Buch vorstellen. Wir haben ihm vorab drei Fragen gestellt.
Julia Jürgens: Herr Ranan, eine Frage, die Sie Ihren InterviewpartnerInnen stellen, dreht sich um den Topos des ›gepackten Koffers‹, der in der ersten und zweiten Generation die Zerrissenheit zwischen Bleiben- und Gehen-Wollen ausdrückte. Gibt es diese Ambivalenz in der dritten Generation noch, oder wie würden Sie das Gefühl von Zugehörigkeit zu Deutschland heute beschreiben? → weiterlesen
Die Reihe »Neue deutsche Geschichten«, die seit Januar letzten Jahres in den Akademieprogrammen stattfindet, geht in diesem Jahr weiter: Morgen Abend, am 10. März 2015, stellt Ahmad Milad Karimi, Professor für islamische Philosophie und Mystik, in der Akademie des Jüdischen Museums Berlin sein Buch »Osama bin Laden schläft bei den Fischen« vor. Vorab haben wir ihm drei Fragen gestellt.
Ahmad Milad Karimi: »Osama bin Laden schläft bei den Fischen« (Buchcover) © Herder Verlag
Julia Jürgens: Lieber Herr Karimi, in Ihrer Autobiographie bringen Sie westliche Populärkultur und islamische Geistesgeschichte, die Übersetzung des Koran und eine Doktorarbeit über Hegel sowie eine Vorliebe für Mafia-Filme und die persische Mystik zusammen. Um den Untertitel Ihres Buches als Frage zu formulieren: Was hat Marlon Brando damit zu tun, dass Sie gerne Muslim sind?
Ahmad Milad Karimi: Das ist ein Geheimnis des Buches, ein Geheimnis, das vor allem darin verborgen ist, dass Menschen immer mehr sind als die Schubladen, in denen man sie gerne festhalten möchte.
Vor sechs Jahren haben Sie eine Neu-Übersetzung des Korans vorgelegt. Was hat Sie motiviert, sich einer solchen Herausforderung zu stellen und den schon bestehenden Übersetzungen eine weitere hinzuzufügen?
Der Koran ist mehr als nur Buch, es ist → weiterlesen
Alina Gromova © Judith Metze
Morgen Abend, am 9. September 2014, stellt die Ethnologin Alina Gromova ihr 2013 erschienenes Buch »Generation ›koscher light‹« in der Akademie des Jüdischen Museums Berlin vor. Wie vielen der Autorinnen und Autoren, deren »Neue deutsche Geschichten« bislang zur Sprache kamen, haben wir auch ihr vorab drei Fragen gestellt:
Alina, Du hast die Stadt als Ausgangspunkt Deiner Untersuchung von russischsprachigen Juden in Berlin gewählt – aus den Orten, an denen sie wohnen, sich aufhalten, treffen und feiern, arbeitest Du die unterschiedlichen Auffassungen von Identität, Tradition und Religion heraus, die in dieser Gruppe existieren. Wieso hast Du Dich gerade für diese Raum-Perspektive entschieden?
Identität und Tradition sind Begriffe, die oft schwer zu greifen sind, weil sie aus Symbolen, Werten, Wunschprojektionen oder Erinnerungen bestehen. Ein Raum hat dagegen nicht nur eine symbolische, sondern auch eine materielle Seite und ist deshalb viel greifbarer. Für mich sind Räume keine dreidimensionalen Container, die mit Menschen oder Dingen gefüllt werden müssen; vielmehr werden sie durch diese überhaupt erst geschaffen. Die Stadträume sind für mich besonders spannend, weil hier eine große kulturelle und religiöse Vielfalt an einem engen Fleck möglich ist und deshalb an ein und demselben Ort mehrere Räume gleichzeitig entstehen, die von verschiedenen Gruppen konstruiert werden, die sich gegenseitig überlagern und miteinander in Berührung kommen.
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