Der tödliche Anschlag auf eine Vision vom Frieden

Erinnerungen an den 4. November 1995

Porträtzeichnung einem Mannes in Anzug und Krawatte

Jitzchak Rabin, gezeichnet von Chaim Topol
CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Heute vor 20 Jahren, am 4. November 1995, wurde der israelische Ministerpräsident Jitzchak Rabin nach Ende einer Friedenskundgebung im Zentrum von Tel Aviv ermordet. Mirjam Wenzel war damals vor Ort:

»Es war ein lauwarmer Abend und auf dem Kikar Malchei Jisrael (hebr.: ›Platz der Könige Israels‹, heute Jitzchak Rabin Platz genannt) inmitten von Tel Aviv drängten sich Menschen mit Transparenten und Botschaften wie etwa ›Schalom Achschaw‹ oder ›Peace Now‹, um Jitzchak Rabin und Shimon Peres ihre Unterstützung auszusprechen und für den Frieden zu demonstrieren. Die Anfeindungen der nationalreligiösen Bewegung auf die Regierung waren in den Wochen zuvor immer heftiger geworden und die Medien berichteten von Schildern in der Hand von demonstrierenden Männern, die Rabin in SS-Uniform zeigten. Dass diese Angriffe tödlichen Charakter haben könnten, vermochte sich – zumindest in meinem Umfeld – allerdings niemand vorzustellen. Im Tel Aviver Büro der Friedrich Ebert-Stiftung, in dem ich damals ein Praxissemester absolvierte, betrachtete man den Osloer Friedensvertrag in politischer wie ökonomischer Hinsicht als irreversible Tatsache.

Dementsprechend nahm ich an der Kundgebung auch weniger teil, weil ich meinte, die Regierung unterstützen zu müssen, sondern vor allem um den Auftritt von Aviv Geffen zu erleben.  weiterlesen

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Veröffentlicht von am 30. Oktober 2015 0 Kommentare

Was außerdem in der Box geschah …

Die vielen Gesichter von Isaak und Ismael, Teil 4

Noch bis 15. November 2015 läuft unsere Ausstellung »Gehorsam. Eine Installation in 15 Räumen von Saskia Boddeke & Peter Greenaway«. Die multimediale Kunstinstallation blickt aus der Perspektive der Söhne auf die biblische Erzählung von Abraham, der auf Gottes Befehl hin seinen Sohn opfern soll. In einer Filmprojektion zum Auftakt der Ausstellung begrüßen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene die Besucherinnen und Besucher in vielen Sprachen mit den Worten »Ich bin Isaak« oder »Ich bin Ismael«.

Als interaktives Pendant dazu steht in der Eric F. Ross Galerie im Erdgeschoss des Libeskind-Baus eine Videobox, in der sich unsere Besucherinnen und Besucher diese Worte zu eigen machen können. So identifizieren sie sich ebenfalls mit der kindlichen Perspektive auf die Erzählung der Beinahe-Opferung. In den vergangenen Monaten haben wir bereits eine kleine Auswahl der vielen so entstandenen Videoclips hier im Blog präsentiert.

Die Zusammenstellung der Clips besorgte erneut Lisa Albrecht, die feststellen konnte, dass Isaak und Ismael nicht nur viele Gesichter, sondern auch viele Namen haben.

Doch nicht alle Museumsgäste sind so ›gehorsam‹, den eigentlichen Auftrag der Box zu erfüllen:  weiterlesen


Mensch oder Macht?

Eindrücke von der Ausstellung »Gehorsam« aus muslimischer und christlicher Sicht

Während der Langen Nacht der Museen konnten unsere Besucherinnen und Besucher die aktuelle Sonderausstellung »Gehorsam. Eine Installation in 15 Räumen von Saskia Boddeke & Peter Greenaway« auf besondere Art und Weise neu entdecken. Die Imamin Emine Erol und die Pfarrerin Silke Radosh-Hinder boten gemeinsame Führungen an. Wir haben die beiden gefragt, welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben und ob ihnen die gemeinsamen Führungen neue Erkenntnisse und Perspektiven auf die biblische Geschichte eröffnet hat.

Frau Erol, Frau Radosh-Hinder, wie würden Sie die Ausstellung mit eigenen Worten beschreiben?

Silke Radosh-Hinder: Für mich ist die Ausstellung vor allem ein multiperspektivischer Näherungsparcours an die Erzählung  der Bindung Isaaks.

Emine Erol: Im Zentrum der Ausstellung »Gehorsam« steht die seelische Verfassung von Ismael/Isaak und seinem Vater Abraham. Über das menschliche Fühlen und Denken sollen auch die Besucherinnen und Besucher am Schluss begreifen, dass solche Hingabe gefährlich und fast tödlich erscheint und was dahinter steckt.  weiterlesen