Ein Gastbeitrag von Rudij Bergmann
Im Begleitprogramm unserer aktuellen Ausstellung »Keine Kompromisse! Die Kunst des Boris Lurie« hat am 21. März 2016 ein Film von Rudij Bergmann Premiere (weitere Informationen in unserem Veranstaltungskalender). In diesem Gastbeitrag erzählt uns der Filmemacher, wie es zu der sehr persönlichen Dokumentation über Boris Lurie kam.
Als ich den Künstler im Zwielicht eines Hausflurs in der 66th Street, East, in New York erstmals sah, da war sie greifbar nahe, seine Sehnsucht nach Europa. Und als wir die Atelier-Wohnung betraten – diese atemberaubende Collage der Erinnerung – da war mir klar: Boris Lurie hatte die Konzentrationslager, die er gemeinsam mit seinem Vater überlebte, mental niemals ganz verlassen.
Das war im Oktober 1996. Ein Film für mein, von mir in allen Belangen selbst zu verantwortendes TV-Kunstmagazin BERGMANNsART war der Grund, zu Lurie nach New York zu eilen. (Der Film ist mit Altersbeschränkung auf YouTube zu sehen.)
Es war der Beginn einer langen Freundschaft. → weiterlesen
Programmdirektorin Cilly Kugelmann über die Ausstellung »Keine Kompromisse! Die Kunst des Boris Lurie«
»Wie dieses Bild von Boris Lurie mit seinem Schwager Dino Russi von 1946 zeigt, haben die NO!art-Künstler sozusagen das Hakenkreuz besiegt, ihm seine zerstörerische Symbolkraft genommen.« (Cilly Kugelmann)
Boris Lurie Art Foundation, New York
Am 26. Februar 2016 eröffnet unsere große Retrospektive zu Boris Lurie (mehr Informationen auf www.jmberlin.de/lurie). Blogredakteurin Mirjam Bitter sprach mit Cilly Kugelmann über den Künstler, seine provokative Kunst sowie Tabu-Brüche heute und vor 50 Jahren.
Mirjam Bitter: Liebe Cilly, was ist deine Perspektive auf Boris Lurie? Was war er für ein Mensch? Was macht ihn als Künstler aus?
Cilly Kugelmann: Boris Lurie war als Mensch und als Künstler geprägt von seinen Verfolgungs- und Lagererfahrungen während der NS-Herrschaft. Und doch ist er im Vergleich zu anderen Künstlern mit diesen Lebenserfahrungen aus meiner Sicht nicht als »Holocaust-Künstler« zu bezeichnen. Weder hat er als Chronist die Ereignisse festgehalten, abgesehen von frühen Zeichnungen von 1946 und einigen Gemälden aus den späten 1940er Jahren, noch sind seine Werke künstlerische Interpretationen des Holocaust.
Welche Rolle spielt der Holocaust dann für Luries Werk?
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Ansicht der Kabinettausstellung »Im fremden Land. Publikationen aus den Lagern für Displaced Persons« im Untergeschoss des Libeskind-Baus.
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe
In unserer Kabinettausstellung »Im fremden Land« geben wir Einblick in die Publikationstätigkeit jüdischer Überlebender und Flüchtlinge nach 1945, die als sogenannte Displaced Persons (DPs) im besetzten Deutschland gestrandet waren. Für unsere Schau haben wir Bücher unterschiedlichsten Inhalts ausgewählt: Lehrbücher, Judaica, Gedicht- und Prosabände, aber auch historische Dokumentationen oder zionistische Zeitschriften.
Zwei Dinge haben sie jedoch gemeinsam: Erstens ist die Papierqualität dieser Nachkriegsdrucke denkbar schlecht. Zweitens stammen sie alle aus der Staatsbibliothek zu Berlin, die mit ihrer historisch wertvollen Sammlung von DP-Literatur für diese Ausstellung zu Gast im Jüdischen Museum Berlin ist.
Wenn da nicht eine kleine Ausnahme wäre. → weiterlesen