Spuren eines Kaffeehauses
Es war für mich ein ganz besonderer Moment, als ich vor kurzem eine neue Sammlung für das Archiv auspacken konnte. Ein kleines Paket aus Tel Aviv lag vor mir. Die Absenderin war Mor Kaplansky, eine israelische Filmemacherin, mit der ich seit dem Frühjahr dieses Jahres korrespondiere.
Beim Auspacken der Sammlung von Familie Nagler; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Ulrike Neuwirth
Angefangen hatte alles im März, mit der Finissage von Nosh, der Jewish Food Week. In einem kleinen Café in Kreuzberg war der Dokumentarfilm Café Nagler gezeigt worden. In dem Film geht es um das einstige Kaffeehaus am Moritzplatz. Während vor Ort in Berlin nichts mehr auf die einstige Präsenz des Cafés verweist, werden bei den Nachfahren der Naglers in Israel die Erinnerungen bis heute wach gehalten. Der Film berührte mich sehr. Aufgeregt sah ich auf der Leinwand, dass Naomi, die Großmutter der Filmemacherin, Schätze wie ein Kaffeeservice mit dem Emblem des Cafés und Silberbesteck mit der Initiale »N« besitzt. Zu sehen waren auch Fotografien und verschiedene Dokumente. Wie gerne würde ich selbst in dieser Mappe mit Unterlagen blättern, dachte ich.
→ weiterlesen
– Die Reichstagswahl von 1930
Heinz Arzt beim Zeitunglesen, 1920; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Hilde Pearton, geb. Bialostotzky
Kürzlich ging ich ein Findbuch zu einer Familiensammlung durch, die bereits seit vielen Jahren hier im Archiv ist. Ich wollte das Verzeichnis entsprechend des heutigen Standards überarbeiten. Die Sammlung umfasst Dokumente, Fotografien und Objekte zu den Familien Arzt und Bialostotzky. In dem 23-seitigen Findbuch war bei dem Berliner Likörfabrikanten Heinz Arzt (1866–1931) in der Kategorie »Korrespondenz« ein Brief einsortiert, zu dem aber weder Absender*in noch Adressat*in angegeben, geschweige denn der Inhalt des Briefes benannt war. Die äußerst knappe Information lautete: »Brief: handschriftlich, 14.09.1930.«
Ich ging also in das Archivdepot und holte das Dokument mit der Signatur 2001/219/28 aus dem Karton 451 heraus, um die Angaben zu vervollständigen. Plötzlich hielt ich ein spannendes Stück Zeitgeschichte in Händen. → weiterlesen
Seit dem 5. Mai und noch bis 3. September 2017 ist im Museum in der Kulturbrauerei die Ausstellung Schalom. 3 Fotografen sehen Deutschland. Holger Biermann | Rafael Herlich | Benyamin Reich zu sehen, die auch für unsere Blog-Leser*innen interessant sein könnte. Hier ein Auszug aus der Ausstellungsankündigung:
Ein jüdisches Lebensmittelgeschäft in Berlin, eine Rabbinerfamilie mit ihrem Neugeborenen, Polizisten, die eine Synagoge in Frankfurt bewachen – Szenen aus dem jüdischen Alltag in Deutschland. Die Fotografien von Holger Biermann, Rafael Herlich und Benyamin Reich umspannen die Jahre 2000 bis 2015 und dokumentieren jüdisches Leben und Kultur aus unterschiedlichen Perspektiven: Sie zeigen Kinder in einer Talmudschule oder gläubige Juden am Neujahrsfest Rosch ha-Schana, aber auch antisemitische Schmierereien an einer Synagoge.
Die Ausstellung will anregen zur Auseinandersetzung mit der Frage: Wie selbstverständlich ist jüdisches Leben in Deutschland 70 Jahre nach dem Holocaust?
Öffnungszeiten: Di–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr
Eintritt frei
Weitere Informationen, z.B. zum Begleitprogramm, finden Sie auf der Website des Museums in der Kulturbrauerei.