Wie aus 3000 Sammlungsobjekten eine Kabinettausstellung zum Ersten Weltkrieg wurde
Sammlungsobjekte in unserer aktuellen Ausstellung »Der Erste Weltkrieg in der jüdischen Erinnerung«
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Mariette Franz
Vergangene Woche eröffnete unsere Ausstellung »Der Erste Weltkrieg in der jüdischen Erinnerung«. Sie umfasst vor allem Objekte aus Familiensammlungen, die dem Jüdischen Museum geschenkt wurden und eine ganz persönliche Geschichte erzählen.
Gezeigt werden insgesamt 176 Objekte, die acht Kuratorinnen und Kuratoren, sechs Restauratorinnen und Restauratoren, zwei Ausstellungstechniker, eine Übersetzerin und ein Graphiker ausgewählt, aufbereitet und visuell in Szene gesetzt haben. Das hört sich nach einer ziemlich großen Ausstellung an, und ich habe noch nicht einmal die zahlreichen guten Geister im Hintergrund genannt, insbesondere die studentischen Hilfskräfte und die Hausmeister. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Sammlungspräsentation unserer Bestände zum Ersten Weltkrieg in der Vitrine des Rafael Roth Learning Centers. → weiterlesen
Meine Woche intensiver Recherchen im Nachlass von Fred Stein
Kontaktbogen Brooklyn Bridge
© Estate of Fred Stein, Foto: Theresia Ziehe
Im Juni 2012 hatte ich die Möglichkeit, mich in den Nachlass von Fred Stein zu vertiefen. In Vorbereitung auf unsere derzeitige Ausstellung »Im Augenblick« reiste ich in den kleinen Ort Stanfordville im State New York und besuchte dort Peter Stein, Sohn des Fotografen und Nachlassverwalter. Eine Woche lang untersuchte ich das umfangreiche und vielschichtige Material, das dort in verschiedenen Räumen des Privathauses lagert. Es war ein unvergessliches Eintauchen in das Werk und Leben Fred Steins.
Hunderte Negative, untergebracht in feuerfesten Schränken, bilden das Herzstück der Sammlung. Ihre unterschiedlichen Formate verweisen auf zwei Kameras, mit denen Stein fotografierte: aufgerollte 35-mm-Negativstreifen der Leica und einzeln in Pergaminhüllen verpackte Negative im Format 6 x 6 cm der Rolleiflex. Die Kameras selbst sind leider nicht erhalten geblieben. Unter den Negativen befinden sich auch Steins allererste Aufnahmen aus Dresden kurz vor seiner Emigration 1933 nach Paris. → weiterlesen
Als Fred Stein 1933 Deutschland verlassen musste, war er gerade mal 24 Jahre alt. Der Sohn eines Rabbiners und Mitglied der sozialistischen Arbeiterpartei, hatte Jura studiert und wollte sich als Anwalt für die Rechte anderer Menschen einsetzen. Als er durch Zufall erfuhr, dass die Gestapo ihn verhaften wollte, floh er unter Vortäuschung einer Hochzeitsreise mit seiner Ehefrau Lilo nach Paris. Im Exil war das junge Ehepaar gezwungen, sich beruflich neu zu orientieren.
Fred Stein, Berlin 1958
© Estate of Fred Stein
Das gemeinsame Hochzeitsgeschenk, die Leica, erwies sich dabei als das richtige Werkzeug: Fred Stein begann zu fotografieren und fertigte Straßenbilder der Stadt Paris und Porträtaufnahmen von bekannten Persönlichkeiten an, viele davon Emigranten aus Deutschland. 1941 gelang Fred und Lilo Stein, nun mit gemeinsamer Tochter, die Flucht ein zweites Mal. Mit einem der letzten Schiffe erreichten sie New York. Dort nahm Fred Stein die Porträt- und Straßenfotografie wieder auf.
1958 kehrte Fred Stein das erste Mal nach 25 Jahren nach Deutschland zurück. Anlass der Reise war das geplante Buch Deutsche Portraits, das Will Grohmann herausgeben wollte. Fred Stein erhielt den Auftrag, Politiker wie Konrad Adenauer, Heinrich Lübke und Ludwig Erhard sowie Künstler, Schriftsteller und Verleger wie etwa den jungen Axel Springer oder Rudolf Augstein zu fotografieren. Es scheint ihm schwer gefallen zu sein, so manchen deutschen Kopf für die Publikation abzulichten. → weiterlesen