Eine Führung für Blinde und Sehbehinderte durch die Ausstellung Welcome to Jerusalem im Jüdischen Museum Berlin
Dieses Tastmodell gibt einen Überblick über alle Räume der Ausstellung und erklärt den Weg durch die Ausstellung. Wie auch die anderen Tastmodelle, die auf dieser Seite abgebildert werden, wurde es von Jonas Hauer erstellt; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Birgit Maurer-Porat
Ein »Museum für alle«, also »zugänglich« – das wollen wir sein bzw. werden. Der Weg zu diesem Ziel ist lang und nicht immer einfach zu beschreiten, und auch die richtige Richtung ist nicht immer leicht zu bestimmen: Neue Ansätze müssen entwickelt, erprobt und mitunter auch wieder verworfen werden. Das, was den Zugang für die*den Einzelne*n erschwert oder gänzlich verbaut, kann zudem sehr unterschiedliche Ursachen haben: Mal bildet die Sprache die Barriere, mal die Architektur, mal die Art der Vermittlung, mal das Thema oder die Perspektive, um nur einige zu nennen.
Umso wichtiger ist für uns deshalb das Feedback unserer Besucher*innen: Ihre Kritik hilft uns, bestehende Angebote zu verbessern und zugänglicher zu machen. Und Ihr Lob motiviert uns, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, auch gegen Widerstände, die uns leider mitunter begegnen. Auch deshalb haben wir uns über die Erlaubnis zum Nachdruck des folgenden Beitrags von Gerald Pirner sehr gefreut, der für so manche*n eine neue Perspektive auf die Ausstellung Welcome to Jerusalem eröffnen könnte …
Nach den Eingangskontrollen der Lichthof. Licht erfahren da nicht nur die Sehenden: eine Weite tut sich hier akustisch auf, als träte man ins Freie und ist doch in einem geschlossenen Raum. → weiterlesen
– ein Gespräch über die Ausstellung »Gehorsam«
Die Ausstellung »Gehorsam. Eine Installation in 15 Räumen von Saskia Boddeke & Peter Greenaway«, die gerade um zwei Monate verlängert wurde, ruft sehr unterschiedliche Reaktionen bei unseren Besucherinnen und Besuchern hervor. Atalya Laufer und Marc Wrasse führen als Guides regelmäßig durch die Ausstellung. Sie erzählten mir nun, welche Erfahrungen sie dabei machen, wie sie die Ausstellung sehen und worauf sie die verschiedenen Reaktionen zurückführen.
Mirjam Wenzel: Wie gestaltet ihr eure Führungen durch die Ausstellung?
Besucherin im »Golden Room« mit Manuskripten aus den drei monotheistischen Religionen © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jule Roehr
Marc Wrasse: Unsere Führungen sind eigentlich Begleitungen in drei Teilen: Wir begrüßen die Gruppe und führen ein einleitendes Gespräch, in dem wir darauf hinweisen, dass das Museum diese Ausstellung von zwei Künstlern hat erarbeiten lassen. Dann lesen wir gemeinsam den biblischen Text, auf den die Ausstellung reagiert – und zwar in der Übersetzung von Moses Mendelssohn –, bevor wir die Gruppe der Ausstellung überlassen.
Atalya Laufer: Ich nehme lieber die Übersetzung von Martin Buber und Franz Rosenzweig.
Marc: Aber du liest den Text auch in verteilten Rollen, oder? Dadurch machen wir von vornherein deutlich, dass wir die Ausstellung mit den Besuchern entdecken und erleben wollen. → weiterlesen
Wie spät es ist, weiß ich nicht, aber es ist bereits hell. Mein Wecker wird bald klingeln, meine Augen sind auf, der Himmel trägt sein tägliches Grau. Hinter meinen Augen drehen sich Argumente – rechtliche, religiöse, soziale, medizinische. Meine Zunge zuckt kaum, aber meine Gedanken sprechen zweistimmig. Ich bin wieder im Hamsterrad der Argumentation, in das ich während meiner Führung durch die Sonderausstellung »Haut ab! Haltungen zur rituellen Beschneidung« am Vortag gezerrt wurde. So oft ich mich mit der hartnäckigen Besucherin darauf verständigt hatte, dass zwischen der rituellen Knabenbeschneidung und der weiblichen Genitalverstümmelung schwerwiegende Unterschiede bestehen, so oft führte sie letztere dennoch immer wieder in ihren Argumentationsspiralen an.
Ausstellungsbesucher im Raum »Auf Messers Schneide« © JMB, Foto: Jule Roehr
Trotz der Erklärung von Cilly Kugelmann (nachzulesen in der Einleitung zum Begleitband, zum Download erhältlich auf unserer Website), dass wir mit der »Haut-Ab!«-Ausstellung die Debatte von 2012 über die rituelle Knabenbeschneidung nicht fortführen wollen; trotz einer Ausstellung, die vor allem die kulturhistorischen Hintergründe des Rituals thematisiert; trotz meiner behutsamen Präsentation in den Führungen, mit der ich zum Schauen und Verstehen und nicht zum Urteilen und Streiten anregen möchte; trotz der vielen Besucher, die mit großer Offenheit und Interesse meine Anregungen annehmen:
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