Veröffentlicht von am 16. Juni 2015 0 Kommentare

Die Flucht vor dem Fluchtpunkt

Ein schwarz gekleideter Mann mit Hosenträgern steht zwischen großformatigen Bildern

Georg Sadowicz in seinem Atelier
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Kilian Gärtner

In Berlin-Hohenschönhausen bin ich mit Georg Sadowicz in seinem Atelier verabredet. Der heute in Berlin lebende Künstler wurde im polnischen Liegnitz nahe der deutschen Grenze geboren. Zwei seiner Werke, Vorstudien zu größeren Arbeiten, sind seit April in limitierter Auflage für die Besucher des Jüdischen Museums Berlin im Kunstautomaten in der Dauerausstellung zu erwerben: Sie heißen »Der Vorbeter« und »Die Mühle«. Etwa hundert Meter vom Atelierkomplex entfernt befindet sich die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen mit den Räumlichkeiten der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatsicherheit der DDR. Ihr Anblick löst ein beklemmendes Gefühl bei mir aus, das sich erst verflüchtigt, als ich Sadowiczʼ Atelier betrete.  weiterlesen

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Veröffentlicht von am 26. Mai 2015 0 Kommentare

Kunst gegen das Vergessen

Junge Frau mit einer Kamera

Hadas Tapouchi © Katja Täubert

Geschichte lässt sich nicht bannen. Nicht in Messing, nicht in Metall. Sagt zumindest Hadas Tapouchi. Die in Berlin lebende israelische Künstlerin sieht in Monumenten und Inschriften den eigentlichen Sinn des Gedenkens verfehlt. Diese Form der Erinnerung sei unvermeidlich auch eine Flucht ins Vergessen.

Keine Frage: Hadas arbeitet gegen das Vergessen. Als ich sie vor knapp vier Jahren erstmals in ihrer damaligen Tel Aviver Wohnung traf, sprang mir als Erstes ein inszeniertes Selbstporträt der Künstlerin in Häftlingskleidung ins Auge: ein früher Vorläufer ihres Projektes »Die Dritte Generation«. Seitdem sind zahlreiche Porträts entstanden. Bilder gemeinsamer Freunde, ein Bild des Autors selbst, Bilder junger Frauen und Männer aus Berlin, Tel Aviv und Ramallah.  weiterlesen


Veröffentlicht von am 7. Mai 2015 2 Kommentare

»Koscherwichtel« und alles ist gut? Ein Gespräch mit Anna Adam

Anna Adam steht an einem Grenzpfosten

Anna Adam, »Seelsorge am Deutsch-Polnischen Grenzpfosten«, März 2015 © Jalda Rebling

Der Weg ist nicht einfach zu finden. Wie gut, dass mich die Künstlerin an der nahegelegenen U-Bahn-Station im Wedding abholt. Gemeinsam queren wir Gewerbehöfe, kommen an einem Halal-Imbiss vorbei, steigen Treppen und stehen plötzlich vor der Ateliertür. Kaum hat Anna diese geöffnet, entdecke ich den »Koscherwichtel«, der alles mit seinem Fernglas betrachtet.

Genau diese Figur hat die Künstlerin für unseren Kunstautomaten auf eine Karte gebracht, die man durch Schneiden und Falzen in ein dreidimensionales Objekt verwandeln kann. Auf der Anleitung steht, dass man sich dieses in die Küche stellen solle und alles gut werde.

Ateliertür mit »Koscherwichtel«

Ateliertür mit »Koscherwichtel« © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Gelia Eisert

Anna, was bedeutet der seltsame Name »Koscherwichtel«? Passen »koscher« und »Wichtel« überhaupt zusammen? Wieso wird dann alles gut? Ich bin irritiert.

Bei uns zu Hause stand »Wichtel« für einen kleinen, wichtigen Mann. Von diesen »wichtigen Männern« gibt es viele. Geboren wurde mein »Koscherwichtel« im Jahre 2002. Er soll auf jeden Fall irritieren. »Koscher« und »Wichtel« passen zusammen, weil ich mich der »Heilung der deutsch-jüdischen Krankheit«, wie ich das nenne, verschrieben habe. Dafür arbeite ich mit satirischen Mitteln, die im Unterschied zur Comedy tagespolitische Ausgangspunkte haben.

Du hast sein Geburtsjahr erwähnt. Unter welchen Umständen wurde der »Koscherwichtel« geboren?  weiterlesen

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