Der erste Kindertransport

Ausweis mit Passbild und mehreren Stempeln


Kinderausweis von Beate Rose
© Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Beatrice Steinberg

Heute vor 75 Jahren, am 2. Dezember 1938, erreichte der erste Kindertransport englischen Boden. Unter den letzten Kindern, die auf diese Weise gerettet wurden, befand sich Beatrice Steinberg (damals Beate Rose), eine Stifterin von uns. In ihren Memoiren, die wir im Archiv aufbewahren, erinnert sie sich an ihre Abreise aus Deutschland im Sommer 1939:

»[…] Meine Mutter brachte mich zum Zug, der sich später als einer der letzten Kindertransporte nach England herausstellte […]. Ich war so aufgeregt, dass ich die Treppen zum Bahnhof hochstürzte, ohne meiner Mutter auch nur ›Auf Wiedersehen‹ gesagt zu haben. Sie rief mich zurück, wir umarmten und küssten uns, ich bestieg den Zug, ging zum Fenster und wir winkten uns zu. Das war das letzte Mal, dass ich sie sah.«

rundes Schild mit der Aufschrift »Kindertransport«, in der Mitte eine Nummer

Kindertransport-Nummernschild von Beate Rose
© Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Beatrice Steinberg

Für die damals Zwölfjährige war die Reise ein Abenteuer, aber man kann sich vorstellen, wie groß die Verzweiflung gewesen sein muss, die ihre Eltern dazu bewog, die Tochter alleine fortfahren zu lassen. Die Kindertransporte begannen drei Wochen nach dem Novemberpogrom. Beates Vater war zu dieser Zeit im KZ Buchenwald inhaftiert. Ihre Eltern versuchten wie hunderttausende jüdische Männer und Frauen, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Doch welches Land würde seine Grenzen für die Flüchtlingsströme öffnen? Restriktive Einreisebedingungen und eine unüberschaubare Bürokratie machten die Emigration zu einem langwierigen und mühsamen Unterfangen.  weiterlesen


Veröffentlicht von am 25. Juni 2013 1 Kommentar

Sprechende Quellen – ein kleiner online-Rundgang

Seit dem 30. Januar 2013 sind in unserem Online-Schaukasten Dokumente und Fotografien aus unseren Archivbeständen und denen des Leo Baeck Institutes zu sehen. Wir sind selbstverständlich nicht die einzigen, die online historische Quellen als Zeugnisse über die Zeit des Nationalsozialismus inszenieren. Ich habe mich umgesehen und möchte hier einige Angebote empfehlen:

Screenshot des Online-Projekts »onthisday80yearsago«Ein eindrucksvolles Beispiel ist das Projekt von Torkel S. Wächter. 32 Postkarten veranlassten den schwedischen Schriftsteller, sich mit der Vergangenheit seiner deutsch-jüdischen Familie zu beschäftigen. Sein Vater Walter Wächter war 1938 nach Schweden geflohen und erhielt von seinen in Deutschland gebliebenen Eltern regelmäßig Karten. Torkel S. Wächter machte daraus das Internetprojekt www.32postkarten.com und veröffentlichte 2010/2011 jeweils 70 Jahre nach dem Tag, an dem die Karte geschrieben worden war, diese letzten Lebenszeugnisse seiner Großeltern, kommentiert und in den historischen Kontext gesetzt. Seine jahrelange intensive Beschäftigung mit der Geschichte seiner Familie präsentiert Wächter nun erneut als Online-Projekt: www.onthisday80yearsago.com. In literarischer Form, aber gestützt auf Briefe, Tagebuchnotizen und behördliche Dokumente, erzählt er die Geschichte seines Großvaters Gustav Wächter, eines Finanzbeamten, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft und durch Intrigen seine Arbeit verliert. Torkel S. Wächter veröffentlicht die Kapitel vom 30. Januar bis zum 2. Juli 2013 in »simulierter Echtzeit«, wie er es nennt, also als Re-Enactment der Ereignisse von 80 Jahren. Fortsetzungsroman, Weblog und Erinnerung gehen hier eine stimmige Verbindung ein.  weiterlesen

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Fußballfreunde

Heute Abend wird in Netanja das erste Spiel der U-21-Fußball-Europameisterschaft angepfiffen. Antreten werden die Mannschaften von Israel und Norwegen. Besonders für die Spieler der israelischen Mannschaft wird das Auftaktspiel in ihrem Heimatland etwas Besonderes sein.

Da ich ein großer Fußballfan bin, ist diese EM für mich der Anstoß gewesen, mich über den Sammlungsbestand des Jüdischen Museums zum Thema Fußball zu informieren. In unserem Online-Schaukasten finde ich eine »kleine Geschichte des jüdischen Fußballs« und in unserer Sammlungsdatenbank mehrere Objekte, die meine Neugierde erwecken. Ein Foto aus dem Jahr 1936 oder 1937 spricht mich besonders an. Ich finde es spannend, dass Fußball bereits in den 1930er Jahren eines der Dinge war, die Jungs in ihrer Freizeit begeisterten. Auf dem Foto ist der 1924 geborene Walter Frankenstein (hintere Reihe, Mitte) zusammen mit seiner Fußballmannschaft zu sehen:

Schwarz-weiß-Fotografie: Mannschaftsaufstellung einer Jungen-Fußballmannschaft

Das Fußballteam des Auerbach’schen Waisenhauses von 1936 oder 1937. Stiftung von Walter Frankenstein (hintere Reihe, Mitte). Fotograf unbekannt
© Jüdischen Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe

Alle Jungen auf dem Bild sind zu diesem Zeitpunkt Bewohner des Auerbach’schen Waisenhauses in der Berliner Schönhauser Allee.  weiterlesen