Die italienische Autorin Elena Loewenthal erzählt von starken jüdischen Frauen in der Tora
Noch bis zum 27. August ist die aktuelle Ausstellung Cherchez la femme zu sehen, die sich aus weiblicher Perspektive mit religiösen Kleidungsvorschriften für Frauen auseinandersetzt (mehr zur Ausstellung auf unserer Website). Als ich vom Thema der Ausstellung erfuhr, fiel mir gleich der Roman Attese (2004) der italienischen Autorin Elena Loewenthal ein. (Der Buchtitel kann auf Deutsch sowohl »Erwartungen« als auch »Wartezeiten« bedeuten). Der Roman erzählt in vier großen Kapiteln die Geschichte verschiedener jüdischer Frauenfiguren. Eigentliche Hauptfigur des Romans ist jedoch ein geheimnisvoller Schleier, der die Protagonistinnen von biblischen Zeiten bis ins heutige Venedig hindurch begleitet.
Schleier in der Ausstellung Cherchez la femme; Jüdisches Museum Berlin, Foto: Mirjam Bitter
Der Schleier kann als Metapher für ein von Frauen bewahrtes und weitergegebenes jüdisches Gedächtnis gelesen werden, das Erinnern und Vergessen, Tradition und Erneuerung miteinander verbindet. Denn jede der Frauenfiguren im Roman legt den Schleier nicht nur aus kulturellen Gründen etwa für Trauerzeiten an, sondern gestaltet ihn auch selbst um, näht eigene Fäden ins Gewebe, oder pflegt zumindest einen sehr eigenwilligen Umgang mit dem geerbten Kleidungsstück. → weiterlesen
Interview mit Cilly Kugelmann zur Ausstellung »Die Erschaffung der Welt. Illustrierte Handschriften aus der Braginsky Collection«
Mirjam Wenzel: Mit der kommenden Ausstellung zeigt das Jüdische Museum Berlin zum ersten Mal herausragende Beispiele der jahrhundertealten jüdischen Schriftkultur. Welche Bedeutung hat Schrift in der jüdischen Tradition?
Cilly Kugelmann und Mirjam Wenzel im Gespräch über die kommende Ausstellung
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Katrin Möller
Cilly Kugelmann: In frühen rabbinischen Textsammlungen, die biblische Texte interpretieren, den Midraschim, ist davon die Rede, dass die Tora bereits vor der Erschaffung der Welt vorhanden war. Einige Rabbiner sehen die Tora sogar als Handbuch der Schöpfung, das Gott bei seinem Werk zu Rate gezogen habe. Diese Auslegungen zeigen, welche außerordentliche Bedeutung dem überlieferten Schrifttum im Judentum zukommt.
Mit dem Verlust der geografischen Heimat Israel wurden Tempelwallfahrten und Opferdienst zugunsten eines Gebetsgottesdienstes aufgegeben, der ortsungebunden ist und überall stattfinden kann. Dabei werden die überlieferten Texte selbst zum wichtigsten und zentralen Moment des Ritus. Das Studium und die Deutung der biblischen Schriften bildet bis heute den Mittelpunkt des geistigen jüdischen Lebens.
Warum wird die Sammlung illustrierter Handschriften von René Braginsky am Jüdischen Museum Berlin unter dem Titel »Die Erschaffung der Welt« gezeigt? → weiterlesen
Seit Ende August gibt es in unserer Dauerausstellung einen Kunstautomaten, in dem man für vier Euro kleine Kunstwerke von jüdischen Künstlern kaufen kann, die in Berlin leben und arbeiten.
Papier-Mesusa mit ausziehbarem Comic-Strip von Zara Verity Morris
© Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe
Heute stellen wir eine der Künstlerinnen vor: Zara Verity Morris aus London, die zurzeit am Institut »Kunst im Kontext« der Universität der Künste ihren Master macht, hat für den Kunstautomaten einen Comic-Strip auf einer ausziehbaren Papierrolle angefertigt und der Arbeit den Namen »The Mezuzah« gegeben. (Als Mesusa bezeichnet man das kleine Gefäß, das an den Türpfosten eines jüdischen Haushaltes angebracht wird. In ihm befindet sich eine handgeschriebene Pergamentrolle mit dem hebräischen Gebet »Höre Israel«).
Christiane Bauer: Zara, kannst Du mir zum Einstieg kurz erläutern, warum Du genau dieses Objekt für den Kunstautomaten angefertigt hast?
Zara Morris: Ich fand es interessant, mit dem begrenzten Platz im Automaten zu spielen und wollte eine Arbeit machen, die sich entfaltet, wenn man sie aus dem Automaten nimmt. Der formale Zusammenhang zwischen einer Tora und einer Mesusa brachte mich dann auf die Idee einer langen Papierrolle.
Als kleines Kind fand ich in einer Schublade mehrere Mesusot, die in unterschiedlich gutem Zustand waren; bei ein paar hatte sich das Gehäuse geöffnet. Ich war überrascht zu entdecken, dass in einer Mesusa eine Pergamentrolle mit hebräischer Schrift steckt, und dachte, dass sie einer kleinen Spiel-Tora gleicht. Der spannendste Teil des Gottesdienstes war für mich als Kind das Vorbereiten der Tora, bevor aus ihr gelesen wurde. Dazu braucht es immer zwei Personen; eine, um die schwere Tora von unten festzuhalten, die andere, um den Samtbezug und den Schmuck abzunehmen, um die schlichte Papierrolle zu enthüllen. Ich entschied mich, ausgehend von diesen Kindheitserinnerungen einen Comic zu entwickeln.
Wie passt »The Mezuzah« in Deine bisherige Arbeit? → weiterlesen