Veröffentlicht von am 15. September 2012

Neue Bräuche zum Neujahr

Mädchen mit Papierschiff am WasserVor einigen Jahren besuchte eine Gastdozentin aus New York die Berliner Synagoge am Fraenkelufer und zeigte uns, wie ihre Gemeinde einen alten Neujahrsbrauch – Taschlich – neu praktiziert.

Üblicherweise versammeln sich Gläubige am jüdischen Neujahrsfest Rosch ha Schana an einem Fluss und streuen Brotkrumen ins Wasser, um sich symbolisch ihrer Vergehen des vergangenen Jahres zu entledigen. In den Landwehrkanal gegenüber der Synagoge entließ die US-Dozentin jedoch nicht Krumen, sondern ein selbstgebasteltes Papierschiffchen, dem sie einen Brief an Gott mitgab. Darin bat sie um Vergebung für ihre Fehler und beteuerte ihre guten Vorsätze. Der Brief enthielt auch einen Dank für die schönen Erlebnisse des letzten Jahres und ihre Wünsche für das kommende Jahr.  weiterlesen

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Veröffentlicht von am 15. August 2012

Musik in den Rocky Mountains

2400 Meter über dem Meeresspiegel, tief in den Rocky Mountains von Colorado, ist das Aspen Music Festival im vollem Gang. Musikzelt in den BergenAcht Wochen lang machen 600 Studentinnen und Studenten aus aller Welt buchstäblich rund um die Uhr Musik: in Konzertsälen, in Zelten, in Kirchen; ein Bläserquintett hat sich, wie gewohnt, am Nachmittag zwischen den festgelegten Darbietungen an der Straßenecke vor der Eisdiele aufgebaut, und in der Aspen Chapel, die einem Kirchlein aus dem 12. Jahrhundert nachempfunden ist, beglückt uns der sehr hübsche, sehr junge Eylon Ben-Yaakov erst mit Chopins Polonaise in As-Dur, dann mit Prokofjews Klaviersonate Nr. 3.  weiterlesen

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Veröffentlicht von am 8. August 2012

R.B. Kitaj, Philip Roth und ich…

Nackte Frau auf einem Drehstuhl

The Ohio Gang, 1964 © R.B. Kitaj Estate 2012. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence

Die Vorbereitungen der Ausstellung »R.B. Kitaj (1932–2007) Obsessionen« im Jüdischen Museum haben mich zu Philip Roth zurückgebracht. Ich versuche ungefähr alle 10 Jahre mal wieder, ihn zu lesen – warum? Aus Neugier; um meine feministische, oder besser schlicht: weibliche Unlust an Roth zu prüfen; um zu sehen, ob vielleicht mit zunehmender Reife ein Erkenntnisprozess einsetzt, der mich dem alternden, sex-besessenen, weißen, männlichen Ego der Roth-Helden mit Empathie begegnen lässt; oder um endlich zu entdecken, warum genau Roth der Meister der US-amerikanischen Literatur ist, der er unbestritten ist. Es heißt, der lüsterne Puppenspieler Mickey Sabbath aus »Sabbath’s Theater« ist dem Nachbarn und Freund des Autors, R.B. Kitaj, nachempfunden, aber auch andere Figuren Roths tragen Züge oder teilen biografische Stationen des Künstlers. Fazit: Ich kann nicht behaupten, dass mir die Figuren von Philip Roth sympathischer geworden sind, aber ich merke, sie sind in einer gewissen Weise »historisch« geworden, ein Abbild ihrer Zeit, und ein bisschen ist es so, wie man sich an den grabschenden Chauvis von Mad Men erfreut, ohne sich unbedingt in die Zeit der übersexten Sekretärinnen und verhuschten Hausfrauen zurückzusehnen. Auf jeden Fall ist die projizierte Figur des Künstlers R.B. Kitaj in meiner Vorstellungskraft plastischer, dreidimensionaler geworden – und ich bin umso mehr gespannt darauf, den »echten« Kitaj ab September in den Gemälden im Jüdischen Museum kennenzulernen!

Mehr zu R.B. Kitaj finden Sie unter: www.jmberlin.de/kitaj

Signe Rossbach, Veranstaltungskuratorin