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Von der Kaiserlichen Marine zur israelischen Kriegsflotte

Blick ins Depot

Auf ein Samt­kissen gebettet liegt die persönliche Ordens­sammlung des Seemanns Max Haller (1892–1960) aus dem Ersten Weltkrieg. Der aus Schlesien stammende Sohn eines Synagogen­kantors fuhr ab 1911 als Maschinist auf deutschen Handels­schiffen, zwei Jahre später wechselte er zur Kaiser­lichen Marine. 1915 meldete er sich freiwillig zur deutschen U-Boot-Flotte und war bis Kriegs­ende im Mittel­meer im Einsatz.

Sechs Militärorden auf einem Samtkissen

Samtkissen mit der Ordens­sammlung von Max Haller, 1915–1918; Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von I. Dinah Haller, Foto: Jens Ziehe

Dreifach ausgezeichnet

Max Haller erhielt die militärischen Aus­zeichnungen von drei verbündeten Reichen. Der öster­reichische Kaiser würdigte ihn mit der Ehren-Denkmünze für Tapferkeit mit dem Porträt Karls I. Das Osmanische Reich zeichnete den deutschen Matrosen mit dem Eisernen Halbmond, auch bekannt als Gallipoli-Stern, und der Liyakat-Verdienst­medaille am rot-grünen Band aus. Vom Deutschen Kaiserreich erhielt er das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse sowie das erst 1918 eingeführte U-Boot-Kriegs­abzeichen.

Orden als Zeichen des Patriotismus

An die 100.000 deutsche Juden hatten im Ersten Weltkrieg gekämpft, von denen etwa 12.000 fielen, darunter auch zwei Brüder von Max Haller. Er selbst eröffnete später ein Elektrogeschäft in Berlin, das beim April­boykott 1933 von SA-Männern bedroht wurde. Haller legte demonstrativ dieses Samtkissen mit den Orden ins Schau­fenster und verwies damit auf seinen Dienst für das Vaterland. Möglicher­weise aus diesem Grund blieb sein Geschäft bis auf beschmierte Fenster unbeschädigt.

Aprilboykott

Am 1. April 1933 begann mit einem landes­weiten Boykott von Geschäften, Arzt­praxen und Anwalts­kanzleien, die von Jüdinnen*Juden betrieben wurden, die organisierte Verfolgung der Jüdinnen*Juden im national­sozialistischen Deutschland. Der sogenannte April­boykott wurde von der Partei­leitung der NSDAP angeordnet und organisiert und war vielfach mit einer Beschädigung und Plünderung der betroffenen Geschäfte und Gewalt gegen ihre Betreiber*innen verbunden. 
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Emigration nach Palästina

Haller entschloss sich, seine Heimat zu verlassen, und wanderte mit seiner Familie noch im Herbst 1933 nach Palästina aus. Dort fuhr er als Leitender Ingenieur auf verschiedenen Handels­schiffen wieder zur See. Im Alter von 56 Jahren wechselte er in den Dienst der neuen israelischen Kriegs­flotte, die er 1957 im Kapitäns­rang verließ.

Titel Samtkissen mit der Ordenssammlung von Max Haller
Sammlungsgebiet Alltagskultur
Datierung 1915–1918
Material Samt, Eisen, Silber, Bronze, Messing, Glas
Maße 14,5 x 19 x 1,2 cm
Erwerb Schenkung von I. Dinah Haller

1934 stiftete Reichs­präsident Hinden­burg ein Ehren­kreuz für die Teilnehmer*innen des Ersten Weltkriegs. Auch jüdische Soldaten konnten dieses Ehren­kreuz beantragen und taten es auch – teilweise noch aus dem Exil. Anhand der Ehren­kreuze und der zuge­hörigen Verleihungs­urkunden aus unserer Sammlung erklärt Leonore Maier, Kuratorin für Alltags­kultur, welche heraus­ragende Bedeutung der Erste Weltkrieg in der jüdischen Erinnerung hatte und bei den Nachfahren der Kriegs­teil­nehmer*innen immer noch hat. Ausgewählte Objekte aus unseren Sammlungen, die an die jüdische Teilnahme am Ersten Weltkrieg erinnern, stellen Ihnen unsere Kurator*innen in weiteren Kurzfilmen vor.

Ausgewählte Objekte: Sammlung Alltagskultur (10)

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