Mutiger Protest gegen rassistische Gesetzgebung
Blick ins Depot
Diese Fahne hängte der 29-jährige Berliner Textilgroßhändler Martin Friedländer am 1. Oktober 1935, dem jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana, aus dem Fenster seiner Wohnung in der Linienstraße 196 – und setzte damit ein selbstbewusstes Zeichen gegen die rassistische Gesetzgebung der Nürnberger Gesetze.
Blau-weiße Fahne als Zeichen des Widerstandes
Mit Erlass der Nürnberger Gesetze am 15. September 1935 wurden Jüd*innen in Deutschland zu Bürger*innen zweiter Klasse gemacht. Ihnen war unter anderem das Hissen der Reichsflagge verboten, „das Zeigen der jüdischen Farben“
jedoch ausdrücklich erlaubt. Martin Friedländer ließ daraufhin aus Protest diese blau-weiße Fahne mit einem Davidstern nähen. Blau und Weiß waren die traditionellen Farben des Zionismus, der jüdischen Nationalbewegung, deren Ziel die Gründung eines jüdischen Staates war.
Reaktion in der nationalsozialistischen Presse
Ein Fotograf des nationalsozialistischen Hetzblattes „Der Angriff“ machte ein Bild des Hauses. Im dazugehörigen Artikel hieß es spöttisch: „Am heutigen jüdischen Feiertag wurde an einem Hause im Norden Berlins erstmalig die jüdische Nationalflagge gezeigt. Die Farben sind blau-weiß mit dem sechszackigen Stern. Damit hat das Rätselraten, wie die jüdische Fahne eigentlich aussieht, nun auch ein Ende gefunden.“
Emigration nach Australien
Im Juni 1939 gelang Martin Friedländer die Auswanderung nach Australien. Seine Fahne hatte er im Gepäck. In der neuen Heimat änderte er seinen Nachnamen in Fried-Lander. Er heiratete eine Australierin und führte mit ihr bis 1966 eine Importfirma. 1980 stiftete Martin Fried-Lander die Fahne der Jüdischen Abteilung im Berlin Museum, dem Vorläufer des heutigen Jüdischen Museums Berlin.
Titel | Fahne mit Davidstern |
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Sammlungsgebiet | Alltagskultur |
Ort und Datierung | Berlin, 1935 |
Material | Baumwolle |
Maße | 115 x 90,5 cm |
Erwerb | Schenkung von Martin Fried-Lander |
Ausgewählte Objekte: Sammlung Alltagskultur (10)