Das Vorbild für die „typisch jüdische” Nase geht auf die kraniologischen Arbeiten von Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840) zurück, der behauptete, bei Juden eine besonders starke Ausprägung des Nasenknochens nachweisen zu können. „Der Giftpilz”, ein nationalsozialistisches Schulbuch, 1938 vom „Stürmer”-Verlag herausgegeben, ist ein Beispiel für die Verbreitung von antisemitischen Klischees, die sich auf Körperformen beziehen. Das Buch erschien in der Erstauflage mit 60.000 Exemplaren.
Ernst Ludwig Hiemer (1900 - 1974)
Verlag Der Stürmer
Nürnberg, 1938
Jüdisches Museum Wien, Sammlung Schlaff
Das antisemitische Klischee der „jüdischen Nase” findet sich auch an Spazierstöcken aus dem 19. Jahrhundert. Doch nicht jeder Spazierstock, dessen Griff in eine lange Nase mündet, porträtiert zwangsläufig einen Juden, auch wenn diese Stöcke von einem Sammler unter diesem Gesichtspunkt erworben wurden.
Wien, ca. 1900
Holz, Metall, Knochen, Glas
Jüdisches Museum Wien, Sammlung Schlaff
1962 schuf Andy Warhol in drei Versionen das Bild „Before and After”, das auf einer illustrierten Werbung für kosmetische Nasenoperationen basierte. Deborah Kass reproduzierte Warhols Doppelbild eines weiblichen Profils mit unkorrigierter und korrigierter Nase und kombinierte es mit dem Ausschnitt jener Szene, in welchem Aschenbrödels perfekter Fuß in den Glasschuh schlüpft. Damit wendet sie sich nicht nur gegen gängige Schönheitsklischees, sondern gegen den Schönheitswahn im Allgemeinen.
Deborah Kass (geb. 1952)
USA, 1991
Öl, Acryl auf Leinwand
Sammlung des Künstlers / Collection of the Artist,
Leihgabe Paul Kasmin Gallery