Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Donnerstag,
30. März 1933

Empfangsbescheinigung für die Entleihung eines Autos

Am 30. März 1933 lieh sich die SS – die »Schutzstaffel« der NSDAP – von der Firma Edmund Jacobi Nachfolger in Regensburg einen Personenwagen. Er sollte, laut der vom SS-Unterführer ausgestellten Empfangsbescheinigung, vom Streifendienst »zum Schutze des hiesigen Judentums« verwendet werden. Der eigentliche Zweck, dem das Auto diente, lässt sich hinter der scheinbar harmlosen Formulierung nur erahnen.

Die NSDAP hatte für den 1. April einen landesweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte, Anwälte und Ärzte ausgerufen. In Regensburg begannen die Maßnahmen schon einige Tage früher, und es ist anzunehmen, dass der Wagen währenddessen eingesetzt werden sollte.

Die 1886 gegründete Likörfabrik Edmund Jacobi Nachfolger befand sich im Besitz der jüdischen Familie Binswanger und wurde von Alfred Binswanger (1860–1933) geführt. Nachdem er dem Verleih seines Autos an die SS zwangsweise zustimmen musste, wurde Binswanger noch am selben Tag zusammen mit über 120 weiteren jüdischen Kaufleuten inhaftiert.

Franziska Bogdanov

Kategorie(n): Boykott | Regensburg | Unternehmer
Empfangsbescheinigung für die Entleihung eines Autos der Firma Edmund Jacobi Nachfolger, Regensburg, 30. März 1933
Schenkung von Danny L. Goldberg

Familie Binswanger

Die jüdische Fabrikantenfamilie Binswanger kam ursprünglich aus dem schwäbischen Ort Osterberg und übersiedelte von hier aus nach Augsburg. Noch in Osterberg hatte Jacob Binswanger 1838 die erste Firma gegründet, die Jacob Binswanger & Cie. Likörfabrik. Das Wissen um die Likörfabrikation wurde in der Familie von Generation zu Generation weiter gegeben. In den folgenden Jahrzehnten kamen zu der Stammfirma in Augsburg noch weitere Unternehmen in München und Regensburg dazu, unter anderem die Likörfabrik Edmund Jacobi Nachfolger. Alle Firmen wurden von Mitgliedern der Familie geführt.

Die letzten Inhaber waren Albert Binswanger und sein Vetter Ernst Mayer. Beide emigrierten Ende der 1930er Jahre in die USA. Das Familienunternehmen der Binswangers feierte 1938 sein hundertjähriges Bestehen. Kurz darauf endete die Geschichte der Firma mit ihrem zwangsweisen Verkauf.

Der Nachlass der Familie wurde dem Jüdischen Museum Berlin im Jahr 2010 von dem Nachkommen Danny L. Goldberg gestiftet.

Firmensitz der Likörfabrik Jacob Binswanger & Cie. in Augsburg, 1920–1938
Schenkung von Danny L. Goldberg 
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