Samstag,
1. April 1933
Beurlaubung von Sergius Reiter durch die Telefunken GmbH
Der im Brief erwähnte »Boykott« hatte offiziell an diesem Tag um 10 Uhr morgens im ganzen Deutschen Reich begonnen. Antijüdische Gewalt und Zerstörung waren zum Zeitpunkt, als das Schreiben verfasst wurde, in vollem Gange. Der staatlich organisierte und propagandistisch vorbereitete »Judenboykott« richtete sich gegen Geschäfte, Warenhäuser, Ärzte und Anwälte.
Sergius Reiter gehörte zu keiner dieser Berufsgruppen, sondern war Angestellter in der Patentabteilung eines international agierenden Großkonzerns. Handelte Telefunken mit dem Brief auf Einflüsterung oder Anweisung von staatlicher Seite? Oder diente er als Vorsichtsmaßnahme zum Schutz Reiters vor dem rechtsfreien Raum und der Gewalt, die in den Straßen Berlins herrschte?
Fragen, die sich anhand der Dokumente im Nachlass nicht beantworten lassen. Sicher ist nur, dass Reiter nach ein paar Tagen wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren durfte.
Leonore Maier