Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

< 27. APRIL 1933
1. MAI 1933 >

Freitag,
28. April 1933

Kündigungsschreiben des Gewerkskrankenvereins an Gertha Kroto

Zu den vorrangigsten Zielen der Nationalsozialisten, nachdem sie die Macht übernommen hatten, zählte die Gleichschaltung des Gesundheitswesens. Einige Ärzteverbände wurden aufgelöst bzw. neuorganisiert, die Praxen jüdischer Ärzte am 1. April boykottiert, verbeamtete und angestellte jüdische Mediziner in öffentlichen Einrichtungen entlassen und zahlreichen jüdischen Ärzte die Kassenzulassung entzogen.

Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde am 28. April der 39-jährigen Zahnärztin Gertha Kroto (1893–1972) nach vierjähriger Tätigkeit ihre Stelle am Zahnärztlichen Institut des Gewerkskrankenvereins in Berlin »vorsorglich« zum 31. Mai 1933 gekündigt. Die in dem Einschreiben erwähnte Eventualität einer Weiterbeschäftigung blieb erwartungsgemäß aus, und exakt zum Ende des Monats Mai wurde ihr ein Zeugnis ausgestellt, das ihr sehr gute »Leistungen und Fähigkeiten auf allen Gebieten der Zahnheilkunde« bescheinigte.

Die Kündigung war indessen nur der erste Schlag gegen die 1924 approbierte Zahnärztin, eine von nur wenigen Frauen in diesem von Männern dominierten Beruf. Wenige Wochen später, zum 30. Juni, verlor sie die Kassenzulassung, was zur Folge hatte, dass sie in ihrer Praxis in der Residenzstraße 125 in Berlin-Reinickendorf keine Kassenpatienten mehr behandeln durfte. Nur durch die Betreuung von vornehmlich jüdischen Privatpatienten gelang es Gertha Kroto die Familie über Wasser zu halten, insbesondere nachdem ihr Mann 1936/37 seine Stelle als Ingenieur bei der AEG verloren hatte.

Aubrey Pomerance

Kategorie(n): Ärzte | Berlin | Berufsverbot | Vereine
Kündigungsschreiben des Gewerkskrankenvereins an Gertha Kroto, Berlin, 28. April 1933
Schenkung von Marion Lippmann

Emigration

1938 emigrierte das Ehepaar mit seiner 11-jährigen Tochter Marion nach England, wo Gertha Kroto lediglich als Schulzahnärztin arbeiten konnte. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1949, wanderten Gertha und Marion Kroto nach Australien weiter.

Gertha Kroto in ihrer Praxis in der Residenzstraße 125 in Berlin-Reinickendorf, um 1930
Schenkung von Marion Lippmann 
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