Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Samstag,
5. August 1933

Ausschluss von Grete Miriam Levy vom Schulbesuch

Der Direktor der Rückert-Schule, eines Mädchengymnasiums im Berliner Bezirk Schöneberg, schickte am 5. August 1933 Paula Dölle, verwitwete Levy, einen Brief: Deren damals vermutlich elfjährige Tochter Grete sollte die Schule verlassen. Denn das so genannte »Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen« und die entsprechenden Durchführungsverordnungen legten fest, dass der Anteil jüdischer Schüler an den höheren Schulen nicht mehr als fünf Prozent betragen durfte. Auch fiel Grete Levy nicht unter die damals gültigen Ausnahmebestimmungen: Weder war ihr Vater Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg gewesen, noch stammte sie aus einer »gemischten Ehe«.

Bei dem Schreiben handelt es sich um einen Formbrief, den die Schulleitung an die Eltern aller von dem Gesetz betroffenen Schülerinnen verschickte. Der bürokratische Ton verschleiert die Bedeutung, die diese Maßnahme für die Kinder und Jugendlichen hatte. Sie mussten nun entweder auf eine jüdische Schule wechseln oder den Schulbesuch ganz abbrechen.

Welche Konsequenzen Paula Dölle für ihre Tochter aus dem rassistisch motivierten Schulverweis zog, wissen wir nicht, denn es sind nur wenige Informationen zur Familiengeschichte überliefert. Wir wissen, dass Grete Levy in die USA auswanderte, denn dort wurde sie 1946 eingebürgert. In ihrer neuen Heimat änderte sie ihren Namen in Miriam Sesi Lewis. Den mit Tesafilm zusammengehaltenen Brief der Rückert-Schule hat ihr Bruder Abraham Levy 1992 dem Jüdischen Museum übergeben.

Maren Krüger

Kategorie(n): Berlin | Schule
Mitteilung der Rückert-Schule an Paula Dölle über den Ausschluss ihrer Tochter Grete Miriam Levy vom Schulbesuch, Berlin, 5. August 1933.
Schenkung von Abraham Levy
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