Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

< 29. SEPTEMBER 1933
7. OKTOBER 1933 >

Montag,
2. Oktober 1933

Kinderausweis von Heinz Aram

Glücklich schaute der zehnjährige Heinz Walter Aram (geb. 1923) in die Kamera, als er das Bild für seinen Kinderausweis machen ließ. Die Stempel auf der Rückseite von der »Stelle für Devisenbewirtschaftung beim Landesfinanzamt Berlin« und vom französischen Konsulat offenbaren, wofür der Ausweis ausgestellt wurde: nämlich für die Ausreise nach Frankreich. Hier hatte die Mutter Rosa Aram (1895–1978), auf der Suche nach einer sicheren Existenz für die Familie, eine Schneiderei für Schuluniformen eröffnet. So verließ Heinz im Herbst 1933, nach einem halben Jahr an der Privaten Volksschule des jüdischen Schulvereins in Berlin-Charlottenburg, seine Heimatstadt Richtung Paris. Dort ging er auf die École alsacienne in der Rue Notre-Dame des Champs.

Der Aufenthalt der Familie in Frankreich sollte indessen nicht von langer Dauer sein. Im Verlauf des Jahres 1934 kehrten die Arams nach Berlin zurück, wo Heinz in der Privaten Waldschule Grunewald und dann in der American School seine Schuljahre fortsetzte. Und 1936 feierte er seine Bar Mizwa in der Synagoge Fasanenstraße.

Doch seine Zukunft lag natürlich nicht in Deutschland. Am Morgen des 9. November 1938, kurz vor Beginn der landesweiten Pogrome, verließ Heinz Aram zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder Arnold Berlin in Richtung Großbritannien. Dies war aber nur der erste Zwischenstopp auf dem langen Weg nach Australien, dem Land, für das Rosa Aram im September 1938 Einreisegenehmigungen erhalten hatte. Ihrem Mann Julius (1876–1959) gelang erst im Juni 1939 die Flucht nach Schweden, von wo aus er der Familie ein Jahr später nachfolgte.

Im Gepäck von Heinz Aram befanden sich lediglich zwei Schulzeugnisse aus seiner Zeit in Paris. Aber von dort hatte er etwas viel Bedeutsameres mitgenommen, was ihm bis heute geblieben ist: der neue Vorname Henri.

Aubrey Pomerance

Kategorie(n): Auswanderung | Berlin | Kindheit
Kinderausweis von Heinz Aram, Berlin, 2. Oktober 1933
Schenkung von Henri W. Aram
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