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Sonderausstellungen und Kulturprogramm im September und Oktober 2010

Presseinformation

Pressemitteilung von Mi, 28. Juli 2010

Der Herbst beginnt im Jüdischen Museum Berlin mit einer großen Sonderausstellung, die am 27. September eröffnet: „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“ zeigt erstmals die gesamte Dimension dieses Verbrechens und seiner Folgen nach 1945. Im Begleitprogramm zur Sonderausstellung finden Bustouren an Orte der Zwangsarbeit in Berlin und eine Podiumsdiskussion zum Thema „Zwangsarbeit in Europa – Zwangsarbeit in Berlin“ statt. „Du bist bei Parfümören angekommen“ – mit diesen Worten wurde der Sprössling der Berliner Kosmetikfirma Scherk 1918 als neuer Erdenbürger begrüßt. Der „dufte“ Willkommensruf war auch titelgebend für die Kabinettausstellung, die ab dem 2. September die Geschichte der jüdischen Familienunternehmen Scherk und Albersheim erzählt.

Am 30. September stellt Museumsdirektor W. Michael Blumenthal seine Memoiren vor: „In achtzig Jahren um die Welt. Mein Leben“ (Propyläen Verlag) ist ein persönliches Zeitzeugnis, das ein Panorama des 20. Jahrhunderts entfaltet. Die Buchpremiere wird von CICERO-Chefredakteur Michael Naumann moderiert und bildet den Auftakt zu einer Lesereise, die den Autor auch an seinen Geburtsort Oranienburg führen wird.

Kontakt

Pressestelle
T +49 (0)30 259 93 419
presse@jmberlin.de

Postadresse

Stiftung Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9–14
10969 Berlin

Sonderausstellungen

Zwangsarbeit. 
Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg

Im Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland auf nahezu jeder Baustelle und jedem Bauernhof, in jedem Industriebetrieb und auch in Privathaushalten Zwangsarbeiter ausgebeutet. Dort wie in den besetzen Gebieten mussten insgesamt über 20 Millionen Männer, Frauen und Kinder aus ganz Europa als „Fremdarbeiter“, Kriegsgefangene oder KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten.

Die Ausstellung „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“ erzählt erstmals die gesamte Geschichte dieses Verbrechens und seiner Folgen nach 1945. Die in der Ausstellung präsentierten historischen Exponate und Fotografien ermöglichen es, das rassistisch definierte Verhältnis zwischen Deutschen und Zwangsarbeitern auszuloten – mit allen Handlungsspielräumen, die sich den Menschen boten. Und sie zeigen, dass die Zwangsarbeit von Beginn an Teil der rassistischen Gesellschaftsordnung des NS-Staates war: Die propagierte „Volksgemeinschaft“ und die Zwangsarbeit der Ausgeschlossenen – beides gehörte zusammen.

Eine Ausstellung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora im Jüdischen Museum Berlin, initiiert und gefördert von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

Jüdisches Leben in Argentinien 
Beiträge zum 200-jährigen Jubiläum

Die argentinischen Juden stellen heute – 200 Jahre nach der Staatsbildung – einen untrennbaren Bestandteil der pluralistischen und demokratischen Gesellschaft Argentiniens dar. Ihrem Beitrag zu Entwicklung und Wachstum des Landes ist die Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin gewidmet. Der inhaltliche und gestalterische Fixpunkt der vier Installationen in der Ausstellung ist das Buch als Sinnbild für den Beitrag der Juden zum Geistesleben Argentiniens. Im Zentrum steht die „Buchhandlung der Erinnerung“: Sie erzählt anhand ausgewählter Biografien argentinischer Persönlichkeiten die Geschichte eines Landes, das die kulturelle und ethnische Vielfalt seiner Einwohner als Grundpfeiler der eigenen Identität versteht.

Eine Ausstellung des „Organisationskomitee für die Teilnahme Argentiniens an der Frankfurter Buchmesse 2010“ (Argentinisches Außenministerium) und der Botschaft der Republik Argentinien

Kabinettausstellung 
„Du bist bei Parfümören angekommen“

... so wurde Fritz Scherk (1918–1995) bei seiner Geburt von der Familie enthusiastisch begrüßt. Er wuchs zwischen Parfüm und Puderdosen auf. Zur Familie gehörten die Albersheims, seit 1892 Besitzer einer Parfümerie in Frankfurt, und sein Vater Ludwig, der die Berliner Kosmetikfirma Scherk zu hoher Blüte führte. Beide Unternehmen wurden nach „Arisierung“, Kriegszeit, Restitution und Wiederaufbau bis in die 1960er Jahre fortgeführt. „Scherk-Produkte“ sind manchem bis heute ein Begriff.

Die Kabinettausstellung nimmt die Besucher mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Familien Scherk und Albersheim und ihrer Firmen.

Begleitprogramm zur Sonderausstellung „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“

Vor der Haustür 
Eine Bustour zu Orten der Zwangsarbeit in Berlin

Mehr als eine halbe Million Menschen wurden im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zur Zwangsarbeit nach Berlin verschleppt. Sie arbeiteten bei der Rüstungsindustrie und der Reichsbahn, bei Handwerkern und in Haushalten, in Kirchen und Krankenhäusern. Die Spurensuche führt zu vergessenen Lagern und Fabriken, zeigt aber auch neue Zeichen der Erinnerung. Die Tour endet im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Berlin-Schöneweide, dem letzten erhaltenen Lager Berlins, das individuell besichtigt werden kann.

Zwangsarbeit in Europa – Zwangsarbeit in Berlin 
Podiumsgespräch

Zwangsarbeit im Nationalsozialismus war ein Verbrechen in der Nachbarschaft: Berliner Passanten begegneten Zwangsarbeitern etwa in Kreuzberg in der Lindenstraße 28, dort befand sich vermutlich eines der rund 3 000 in der ganzen Stadt verteilten Lager. In Berliner AEG-Werken waren bis zu 60 Prozent der Belegschaft Zwangsarbeiter, an ihrer Kleidung durch Kennzeichen erkennbar. Dennoch, konkrete Fakten und Erinnerungsorte sind wenig bekannt.

Die Historiker Christine Glauning, Cord Pagenstecher und Jens-Christian Wagner sprechen über historische Fakten und Orte der NS-Zwangsarbeit. Sie präsentieren neu erschlossenes Fotomaterial und gehen der Frage nach, wie dieses Gesellschaftsverbrechen und die Schicksale der Zwangsarbeiter erinnert werden.

In Zusammenarbeit mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“

Kulturprogramm

Von Monument zu Miniment 
Eine Führung zu Werken und Projekten des Bildhauers Micha Ullman

Berühmt wurde Micha Ullman durch sein Denkmal der Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz, die unterirdische Kubus-Skulptur „Bibliothek“ von 1995. Fünf Jahre zuvor hatte er den heute am Jüdischen Museum Berlin aufgestellten stählernen Kubus „Niemand“ geschaffen. Nicht weit davon realisierte Ullman 1997, im Hof eines Bürogebäudes, mit zwei Architekten eine Synagogen- Gedenk­stätte: „Blatt“ heißt die Installation steinerner, von Vegetation überwucherter Bänke. Der 1939 in Tel Aviv geborene Sohn deutscher Emigranten sucht als Archä­ologe der Erinnerung sein Material in der Grube, in der Erde, im leeren Raum.

Im Anschluss an die Führung findet ein Gespräch mit Micha Ullmann in der Marienkirche, Karl-Liebknecht-Str. 8, statt.

In Kooperation mit der Stiftung St. Matthäus und der Mendelssohn-Gesellschaft

W. Michael Blumenthal: In achtzig Jahren um die Welt. Mein Leben 
Buchpräsentation mit W. Michael Blumenthal und Michael Naumann

Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, W. Michael Blumenthal, legt seine Memoiren vor, ein Zeitzeugnis ersten Ranges. Geboren in der Weimarer Republik, aufgewachsen im Dritten Reich in Berlin-Mitte, floh er mit seiner Familie vor den Nazis ans andere Ende der Welt, nach Shanghai. Von dort emigrierte er in die USA und machte Karriere in Wirtschaft und Politik, unter anderem als Berater Präsident Kennedys und als Finanzminister unter Präsident Carter. 1997 folgte er dem Ruf seiner Heimatstadt und kehrte nach Berlin zurück. Die Buchpremiere im Jüdischen Museum Berlin bildet den Auftakt einer großen Lesereise, die W. Michael Blumenthal auch zurück an seinen Geburtsort Oranienburg bringen wird.

In Kooperation mit dem Propyläen Verlag

Göttliche Tonkunst! – Lange Nacht der Nibelungen: 
Die Juden und ihr Wagner 
Konzertante Werkstattgespräche

Ablehnung oder Anbetung? Richard Wagner verteufelt „jüdische“ Musik und klaut Melodien von Juden, von denen viele seinem germanischen Erlösungskitsch huldigen. Mit der Gaga-Operette „Die lustigen Nibelungen“ ziehen jüdische Parodisten Wagners Welt durch den Kakao. Im ersten Wagner-Biopic (1913) spielt eine Jüdin Wagners Geliebte. Thomas Manns Schwager jüdischer Herkunft komponiert Kammermusik nach „Tristan“-Motiven. Wagner-Aufführungen sind in Israel immer noch ein Affront. Thomas Lackmann untersucht im Gespräch mit der Journalistin Christine Lemke-Matwey diese seltsame jüdisch-deutsche Liebeshassgeschichte – begleitet von „Hanns Eisler“-Studenten, Michael Halfmanns Schellack-Dokumenten und historischem Filmmaterial.

Ruth Klüger: Was Frauen schreiben 
Buchpräsentation

„Frauen lesen anders“ – das behauptete die Schriftstellerin Ruth Klüger in ihrem gleichnamigen berühmten Buch. Die angesehene Literaturwissenschaftlerin und Feministin stellt dort – mit Witz und gelassener Ironie – fest, dass Frauen ständig Literatur von Männern lesen, andersherum jedoch Werke von Sylvia Plath, Virginia Woolf oder Jane Bowles nicht unbedingt zu den Lieblingsbüchern der Männer zählen. In ihrem neuen Buch „Was Frauen schreiben“ geht sie der Frage nach, ob Frauen auch anders schreiben. Werfen sie einen „Blick aufs Leben durch anders geschliffene Gläser“?

Antwort sucht sie in Werken von so unterschiedlichen Autorinnen wie Herta Müller und Nadine Gordimer, Erika Mann und J. K. Rowling, Slavenka Drakulic, Doris Dörrie, Margaret Atwood und vielen anderen. Ruth Klügers Kanon: Eine Literaturgeschichte aus Sicht der Frau.

In Zusammenarbeit mit der Literaturhandlung

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