Veranstaltungen im Mai 2016
Presseinformation
Pressemitteilung von Mi, 20. Apr 2016
8. bis 12. Mai
Jüdisch-Marokkanische Filmwoche
Mein Herz im Maghreb
Marokko war einst Heimat der größten jüdischen Gemeinde in einem arabischen Land. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts lebten dort mehr als 250.000 Juden, von denen jedoch zwischen den 1950er und 1970er Jahren die meisten das Land verließen. Die Filmwoche nähert sich dem marokkanischen Judentum aus verschiedenen Blickwinkeln und zeigt Dokumentarfilme und Spielfilme aus Marokko, Israel, Frankreich und Kanada, die zum großen Teil erstmals in Deutschland zu sehen sind. Die Filmwoche beginnt mit einem Vortrag zur Geschichte der Juden in Marokko und einem Konzert der israelischen Sängerin Neta Elkayam mit Band. Den Abschluss bildet eine Diskussion zur Erinnerungskultur und marokkanischem Judentum heute. Nach jedem der insgesamt acht Filme sind Gespräche mit den Regisseuren geplant. Die Filmwoche bildet den Auftakt des Themenschwerpunkts „Juden in islamisch geprägten Ländern“ des Jüdisch-Islamischen Forums. In Kooperation mit dem Verein „Association des Amis du Musée du Judaïsme Marocain“, Casablanca.
Ort: W. Michael Blumenthal Akademie, Saal
Sprache: Englisch | Die Filme werden in der Originalversion mit englischen Untertiteln gezeigt.
Eintritt: Der Eintritt zu allen Filmvorführungen ist frei. Konzertkarten (10 Euro/7 Euro) sind unter reservierung@jmberlin.de erhältlich.
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Pressestelle
T +49 (0)30 259 93 419
presse@jmberlin.de - Postadresse
Stiftung Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9–14
10969 Berlin
Programm
8. Mai, 15 Uhr
Eröffnungsvortrag von Daniel Schroeter (University of Minnesota)
Jews among Muslims: The Transformation of the Jewish Communities of Morocco in the Modern Era
Mindestens seit der Römerzeit und damit vor Ankunft der Araber und des Islams lebten Juden im heutigen Marokko. Der Vortrag wird einen historischen Überblick über jüdisch-muslimische Beziehungen in Marokko geben. Im Fokus stehen die vielfältigen Transformationsprozesse, die die jüdischen Gemeinden in der Moderne durchliefen, geprägt durch europäische Einflüsse, Kolonialismus, arabischen Nationalismus und Zionismus bis hin zur Massenauswanderung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Daniel Schroeter ist Professor für Jüdische Geschichte an der University of Minnesota und Autor zahlreicher Werke zu marokkanischem Judentum und jüdisch-muslimischen Beziehungen. Zu seinen Veröffentlichungen gehören „The Sultan’s Jew: Morocco and the Sephardi World“ (2002), „Merchants of Essaouira: Urban Society and Imperialism in Southwestern Morocco, 1844–1886“ (1988) sowie (als Mitherausgeber) „Jewish Culture and Society in North Africa“ (2011).
8. Mai, 16.30 Uhr
Film | Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Kamal Hachkar
Tinghir-Jerusalem. Echoes from the Mellah
„Tinghir-Jérusalem. Les échos du Mellah“ | Director: Kamal Hachkar | Documentary, France 2012, 87 minutes | French, Tamazight, Arabic and Hebrew with English subtitles
Der Filmemacher Kamal Hachkar wurde in der marokkanischen Stadt Tinghir geboren und wuchs in Frankreich auf. Er entdeckte erst spät, dass sein Geburtsort bis Mitte der 1960er Jahre Heimat einer großen jüdischen Gemeinde war. Um die vergessene Geschichte der Juden von Tinghir aufzuspüren, reist Hachkar nach Marokko und Israel. In Gesprächen mit Historikern, Zeitzeugen und deren Nachkommen wird die gemeinsame Vergangenheit von Juden und Muslimen in Tinghir lebendig, die sie besonders über ihre Sprache und Identität als Imazighen (Berber) miteinander verbindet.
8. Mai, 19 Uhr
Konzert
Neta Elkayam: Howa Jani
Die israelische Sängerin Neta Elkayam stammt aus einer marokkanisch-jüdischen Familie. Ihr musikalisches Projekt „Howa Jani“, benannt nach einem ihrer Lieder, vereint Elemente der traditionellen arabischen und nordafrikanischen Musik mit klassischen andalusischen Klängen und trägt mit neuen Kompositionen die Kultur des marokkanischen Judentums weiter. Neta Elkayams Lieder, gesungen auf Arabisch, schlagen Brücken zwischen marokkanischen Juden und Muslimen, zwischen Nordafrika, dem Nahen Osten und Europa.
In Kooperation mit der Association des Amis du Musée du Judaïsme Marocain, Casablanca
Ort: Glashof EG
Eintritt: 10 €, erm. 7 Euro
9. Mai, 18 Uhr
Film | Im Anschluss an die Vorführung von „White Walls“ and „Come Mother“
Diskussion mit Filmemacherin Meital Abekassis und dem Künstler und Wissenschaftler Yigal Nizri über die marokkanische Community in Israel
White Walls
„Kirot Levanim“ | Director: Meital Abekassis | Feature film, Israel 2005, 53 minutes | Hebrew and Arabic with English subtitles
Die junge israelische Fotografin Shachar steht zwei Wochen vor ihrer ersten eigenen Ausstellung. Der Tod ihrer Großmutter wird für sie zum Anlass, sich mit ihrer Familie und deren Herkunft auseinanderzusetzen. Zwischen Familie und Karriere, Wurzeln und Entfremdung, Tradition und Moderne entdeckt sie ihre Identität als marokkanisch-israelische Frau.
9. Mai, 19 Uhr
Film | Im Anschluss an die Vorführung von „White Walls“ and „Come Mother“
Diskussion mit Filmemacherin Meital Abekassis und dem Künstler und Wissenschaftler Yigal Nizri über die marokkanische Community in Israel
Come Mother
„Azhi Ayima“ | Director: Sami Shalom Chetrit | Documentary, Israel 2009, 79 minutes | Hebrew and Arabic with English subtitles
Der Regisseur Sami Shalom Chetrit nimmt seine Mutter mit auf eine Reise durch Israel, um mit ihr die alten Klassenkameradinnen aus der Grundschule im marokkanischen Dorf Gurama wiederzufinden. Im Spiegel ihrer Erinnerungen wird das Marokko ihrer Kindheit lebendig, aber auch die Erfahrungen des schwierigen Neuanfangs in Israel. Ein warmherziges Porträt der Frauen der ersten marokkanischen Einwanderergeneration in Israel.
10. Mai, 16 Uhr
Film | Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Mohammed Ismaïl
Goodbye Mothers
„Adieu mères“ | Director: Mohamed Ismaïl | Feature film, Morocco 2007, 115 minutes | Arabic and French with English subtitles
Casablanca 1960. Die jüdische Gemeinde leidet unter der Wirtschaftskrise und sieht sich verstärkt mit Übergriffen konfrontiert. Der Film zeigt mehrere Familien, die sich entscheiden müssen, ob sie in Marokko bleiben oder dem Werben der zionistischen Gesandten nachgeben sollen, in den jungen Staat Israel auszuwandern. Das Drama basiert auf dem tragischen Untergang des Schiffes Egos im Jahre 1961, bei dem 44 jüdische Auswanderer auf ihrem Weg von Marokko nach Israel ertranken.
10. Mai, 18.30 Uhr
Film| Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Younes Laghrari
Moroccan Jews. Destinies Undone
„Marocains Juifs. Des destins contrariés“ | Director: Younes Laghrari | Documentary, Morocco 2014, 59 minutes | English, French and Arabic with English subtitles
Obwohl heute sowohl marokkanische Juden als auch marokkanische Muslime betonen, dass die Beziehungen zwischen ihnen sehr gut waren, verließen die meisten Juden nach der Unabhängigkeit Marokkos 1956 das Land. Der marokkanische Filmemacher Younes Laghrari findet auf die Frage, was zu dieser Massenauswanderung führte, keine zufriedenstellenden Antworten. War es die religiöse Sehnsucht nach Jerusalem, die Wirtschaftskrise oder waren es die Versprechungen zionistischer Gesandter? Welche Rolle spielten der Nahostkonflikt, der arabische Nationalismus und die Politik Marokkos gegenüber Israel? Der Regisseur beschließt, Historiker und Zeitzeugen zu befragen.
10. Mai, 20 Uhr
Film| Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Hassan Benjelloun
Where are you going, Moshe?
„Où vas-tu, Moshé?“ | Director: Hassan Benjelloun | Feature film, Morocco 2007, 90 minutes | Arabic with English subtitles
Mustapha betreibt eine Bar in einer marokkanischen Kleinstadt. Die Behörden wollen die Bar schließen, weil sie Alkoholausschank aus religiösen Gründen ablehnen. Doch solange es nichtmuslimische Bewohner in der Stadt gibt, muss der Barbetrieb erlaubt bleiben. Als die Juden der Stadt nach Israel auswandern, müssen sich Mustapha und seine Gefährten bemühen, wenigstens einen Juden oder eine Jüdin in der Stadt zu behalten. Eine amüsante Komödie über die Auswanderung der Juden aus Marokko und die Reaktionen ihrer muslimischen Mitbürger.
11. Mai, 17 Uhr
Film| Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Driss Mrini
Aïda
Director: Driss Mrini | Feature film, Morocco 2015, 94 minutes | French and Arabic with English subtitles
Aïda, eine jüdische Musikwissenschaftlerin in Paris, ist unheilbar krank und kehrt in ihr Geburtsland Marokko zurück, um ihre Wurzeln zu erkunden. Dabei findet sie nicht nur ihre Kindheitserinnerungen wieder, sondern auch ihren Lebensmut, denn die marokkanische Heimat birgt für sie eine große Überraschung. Das Drama war in diesem Jahr Marokkos Oscar®-Einreichung für die Kategorie „Bester Fremdsprachiger Film“.
11. Mai, 19.15 Uhr
Film| Im Anschluss Gespräch mit Regisseur Jérôme Cohen Olivar
The Midnight Orchestra
„L’orchestre de minuit“ | Director: Jérôme Cohen Olivar | Feature film, Morocco 2015, 114 minutes | French and Arabic with English subtitles
Michael, der Sohn eines einst berühmten jüdischen Musikers, kehrt nach vielen Jahren in sein Geburtsland Marokko zurück, um sich dort mit seinem Vater zu treffen. Als der Vater unerwartet stirbt, sieht sich der Sohn in der Pflicht, das ehemalige Orchester seines Vaters wiederzubeleben, um bei seiner Beerdigung zu spielen. In der komödienhaften Handlung verbirgt sich eine Suche nach Identität und persönlichem und kulturellem Erbe.
12. Mai, 17 Uhr
Film| Im Anschluss Gespräch mit der Regisseurin Izza Génini
Oulad Moumen
„Retrouver Oulad Moumen“ | Director: Izza Génini | Documentary, France 1994, 48 minutes | French with English subtitles
Im Jahre 1910 ließ sich die jüdisch-marokkanische Familie Edery im Dorf Oulad Moumen nieder. In ihrem Film dokumentiert Izza Génini die Geschichte ihrer Familie, die sich, geprägt von sozialem Aufstieg und Auswanderung, im Verlauf des 20. Jahrhunderts erst innerhalb Marokkos und schließlich über Europa und Nordamerika hinaus in der ganzen Welt zerstreut. Aus Anlass eines Familienfestes kommen drei Generationen wieder in Oulad Moumen zusammen und entdecken ihre gemeinsamen marokkanischen Wurzeln. Die persönliche und dennoch universelle Familiengeschichte ist eine der ersten filmischen Auseinandersetzungen mit der Geschichte der marokkanischen Juden.
12 Mai, 18.30 Uhr
Film| Im Anschluss Gespräch mit der Regisseurin Kathy Wazana
They were Promised the Sea. Arab Jews between Homeland and Promised Land
„Pour une Nouvelle Séville. Juifs Arabes entre terre ancestrale et Terre Promise“ | Director: Kathy Wazana | Documentary, Canada 2013, 72 minutes | French, English, Arabic and Hebrew with English subtitles
Die Filmemacherin Kathy Wazana verließ in den 1960er Jahren im Alter von zehn Jahren ihren Geburtsort Casablanca. Wie viele andere Juden zu dieser Zeit glaubten ihre Eltern, dass sie in Marokko nicht mehr sicher seien. Kathy Wazana bricht auf zu einer filmischen Reise durch Marokko, Israel und New York und trifft auf andere Aktivisten, die ähnlich wie sie zwischen unterschiedlichen Identitäten, zwischen Heimat und Gelobtem Land zerrissen sind. Schließlich begleitet sie Shira Ohayon vom Andalusischen Orchester Jerusalem auf eine Reise nach Marokko, wo sie mit „Willkommen zu Hause“ begrüßt werden.
12. Mai, 20.30 Uhr
Abschlussgespräch und Diskussion
Erinnerungskulturen und marokkanisches Judentum heute
Zum Abschluss der Filmwoche widmet sich ein Panel zentralen Fragen, die durch die Filme aufgeworfen wurden: Wie erinnern sich einerseits ausgewanderte marokkanische Juden an Marokko und andererseits marokkanische Muslime an ihre ehemaligen jüdischen Nachbarn und Freunden? Welche Veränderungen gibt es in der Erinnerungskultur zwischen erster, zweiter und dritter Generation? Wie wird die Massenauswanderung in den 1950er bis 1970er Jahren bewertet? Und wie sieht die Situation der in Marokko verbliebenen Juden heute aus?
Mit Mohamed Elmedlaoui (Université Mohammed V – Souissi, Rabat), Iris Hefets (Psychotherapeutin und Autorin, Berlin), Jean Lévy (Association des Amis du Musée du Judaïsme Marocain Casablanca/Berlin) und Emanuela Trevisan Semi (Università Ca’ Foscari, Venedig), Moderation: Sophie Wagenhofer (Historikerin)
19. Mai
Autorenlesung
Helga Krohn: Bruno Asch
Bruno Asch war ein herausragender Kommunalpolitiker in Frankfurt am Main und Berlin, als „Finanzgenie“ geachtet in den schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg und der Wirtschaftskrise, ein Sozialist und ein bewusst nicht-religiöser Jude, getragen von Menschlichkeit und Tatkraft. Die Nationalsozialisten entließen ihn 1933 als Kämmerer in Berlin. Er floh nach Amsterdam, wo er sich nach dem Einmarsch der Nazis 1940 das Leben nahm. Helga Krohn hat sein bewegtes Leben anhand von Briefen, Tagebuchaufzeichnungen und Fotos nachvollzogen.
Ort: Auditorium
Eintritt: frei
Zeit: 19 Uhr
Besucheranmeldung: Tel. +49 (0)30 25 993 488 oder reservierung@jmberlin.de
30. Mai
Vortrag von Peter Weibel | Begleitprogramm der Sonderausstellung
„Keine Kompromisse! Die Kunst des Boris Lurie“
Der Holocaust und das Problem der visuellen Repräsentation
In der Folge des Zweiten Weltkrieges sahen Künstler die Welt von Tatbeständen und Verlusterfahrungen in einer Weise erfüllt, die es unmöglich erschienen ließ, ihr mit den herkömmlichen Darstellungsmitteln der Kunst habhaft zu werden. Geprägt durch die Jahre des Holocaust verfolgte Boris Lurie in seinen Bildcollagen und künstlerischen Aussagen ein kompromissloses ästhetisches Programm, um die zentralen Verfehlungen des zwanzigsten Jahrhunderts visuell erfahrbar machen zu können. Über die Darstellbarkeit des Holocaust und Boris Lurie spricht der Künstler und Ausstellungskurator Peter Weibel (ZKM Karlsruhe)
Ort: Altbau 2. OG, Großer Saal
Eintritt: frei
Zeit: 19.30 Uhr
Besucheranmeldung: Tel. +49 (0)30 25 993 488 oder reservierung@jmberlin.de