Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Donnerstag,
20. April 1933

Schreiben des Deutschen Bühnen-Vereins an Ruth Mühsam

Am 11. April 1933 absolvierte die in Berlin geborene Ruth Mühsam (1912–1993) ihre Schauspielprüfung beim Deutschen Bühnen-Verein. Das neun Tage später ausgestellte Zeugnis wurde von dem nachdrücklichen Hinweis begleitet, wie schwer sie es haben wird, als Schauspielerin zu arbeiten. Ein überaus deutliches Zeichen der Zeit und eine herbe Enttäuschung für die junge Jüdin, die kurz vor einer beginnenden Karriere in Deutschland stand.

Ende Januar 1933 nämlich hatte Ruth Mühsam eine Zusage für ein Engagement »als Schauspielerin für das Fach der jugendlichen Charakterspielerin und Salondame« am Landestheater in Darmstadt für die Spielzeit 1933/34 mit einer Option auf das folgende Jahr erhalten. Der Erlass des »Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April machte diese Verpflichtung zunichte.

Im September des Jahres fand sie Arbeit am Théâtre Municipal in Straßburg und ab Juni 1934 in Wien – sie war dank der Herkunft ihres Vaters österreichische Staatsbürgerin. Ihre Bemühungen, 1935 in London als Schauspielerin Fuß zu fassen, fruchteten nicht und sie blieb bis Ende Oktober 1937 in der österreichischen Hauptstadt, wo sie am Volkstheater engagiert war. Einige Monate später, im März 1938, während Ruth Mühsam sich bei Freunden in Los Angeles aufhielt, wurde Österreich von Deutschland annektiert. Es gelang ihr, in Kalifornien zu bleiben. Hier lernte sie u.a. den berühmten Schriftsteller Erich Maria Remarque kennen, zu dem sich eine enge und lebenslange Freundschaft entwickelte. Dank seiner Hilfe konnten ihre Mutter und die Schwester aus Deutschland gerettet werden.

Der Deutsche Bühnen-Verein wurde nach dem Erlass des Reichskulturkammergesetzes im September 1933 in die Reichstheaterkammer eingegliedert und 1935 schließlich aufgelöst.

Aubrey Pomerance

Kategorie(n): Berlin | Künstler und Schriftsteller | Vereine
Schreiben des Deutschen Bühnen-Vereins an Ruth Mühsam, Berlin, 20. April 1933. Dem Brief lag das Zeugnis bei.
Leo Baeck Institute, Muehsam Family Collection, AR 25021

In Amerika

Eine Karriere als Schauspielerin in Hollywood blieb Ruth Mühsam letztlich verwehrt. Nachdem sie in vielen verschiedenen Berufen tätig war – Übersetzerin, Verkäuferin, Sekretärin, Model –, arbeitete sie eine Zeit lang als Assistentin und Autorin in der Filmindustrie. 1950 ließ sie sich in New York nieder, wo sie als Verlagsscout und Schriftstellerin wirkte.

Porträt Ruth Mühsam, unbekannter Fotograf, London, 1934/35. Leo Baeck Institute, Muehsam Family Collection, AR 25021 
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