Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Mittwoch,
3. Mai 1933

Peter Jacob an seinem ersten Schultag

Die Zuckertüte fest im Arm, blickt der sechsjährige Peter Jacob (geb. 1926) scheu lächelnd in die Kamera – er hat gerade seinen ersten Schultag hinter sich gebracht. Peter braucht nur wenige Schritte bis zur 25. Volksschule in der Sybelstraße in Berlin-Charlottenburg, seine Familie wohnt gleich nebenan. Zwar ist er das einzige Kind von Alfred und Herta Jacob, doch wächst er in der Geborgenheit einer assimilierten, liberal gesinnten Großfamilie auf, die sich oft und gern im Sommerhaus eines Onkels am Glienicker See trifft. Die Eltern pflegen zudem einen großen Freundeskreis, darunter zahlreiche nichtjüdische Freunde. Mit dem Schuleintritt öffnet sich eine neue, ganz andere Welt für Peter Jacob.

Doch was hält die Schule für den wissbegierigen Jungen bereit? Findet er tolerante Lehrer, individuelle Förderung oder wenigstens freundliche Mitschüler? Über seine Erfahrungen während der ersten Schuljahre ist nichts überliefert. Bald wechselt er auf die Private Jüdische Waldschule Kaliski, die seit 1934 nur noch jüdische Kinder aufnehmen darf. Jüdische Lehre und Geschichte bereichern schon seit 1933 das pädagogische Programm der Reformschule und bestärken die oft verunsicherten Kinder in ihrer Identität als Juden. Auf dieser »Insel der Geborgenheit«, als die ehemalige Schüler die Schule später beschreiben werden, werden sie in den folgenden Jahren intensiv auf die unausweichlich scheinende Emigration vorbereitet: Fremdsprachen, handwerkliche und hauswirtschaftliche Fertigkeiten, im Ausland anerkannte Schulabschlüsse – all das soll sie zu einem selbstständigen Leben im Exil befähigen.

Ulrike Neuwirth

Kategorie(n): Berlin | Kindheit | Schule
Peter Jacob an seinem ersten Schultag, Berlin, 3. Mai 1933
Schenkung von Peter Sinclair, früher Peter Jacob

Flucht aus Deutschland

Peter Jacob gelangt 1939 mit einem Kindertransport nach England. Sein Vater ist schon seit knapp einem Jahr in Argentinien, ohne dass es ihm geglückt wäre, die Familie nachzuholen. Die Mutter kann schließlich auch nach Großbritannien fliehen. Peter Jacob kehrt 1945 nach Deutschland zurück – in Dienst und Uniform der British Army.

Die 1. Klasse der 25. Volksschule mit ihrer Lehrerin Fräulein Reinisch, Berlin, Mai 1933
Peter Jacob steht in der letzten Reihe, 2. von links. Schenkung von Peter Sinclair, früher Peter Jacob 
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