Donnerstag,
11. Mai 1933
Bescheinigung für Sigmar Karplus über seine Tätigkeit während des Ersten Weltkriegs
Von dieser Regelung ausgenommen waren Mediziner, die vor Beginn des Ersten Weltkriegs ihre Arbeit aufgenommen hatten, sowie Ärzte, die entweder selbst oder deren Väter bzw. Söhne im Krieg Frontkämpfer gewesen waren. Ausnahmen galten auch für Sanitäter, die ihren Dienst an der Front versehen hatten.
Der Facharzt für Radiologie Sigmar Karplus (1878–1962) erfüllte zwei dieser Bedingungen. Approbiert wurde er im Jahre 1902 und war, wie hier vom Zentralnachweiseamt für Kriegerverluste und Kriegergräber bescheinigt, acht Monate als leitender Arzt in einem Lazarett in Thorn tätig. Die Beglaubigung musste Sigmar Karplus offenbar bei den Behörden vorlegen. Infolgedessen konnte er weiterhin Kassenpatienten in seiner Praxis am Kaiserdamm in Berlin behandeln, durfte aber keine Radiologen mehr ausbilden.
Ende September 1938 wurde allen jüdischen Ärzten in Deutschland die Approbation entzogen. Hiernach erhielt nur noch eine kleine Zahl ausgewählter Mediziner die Erlaubnis, weiter tätig zu sein. Sie mussten sich »Krankenbehandler« nennen und konnten ausschließlich jüdische Patienten betreuen. Zu ihnen zählte Sigmar Karplus, dessen Praxis somit offen blieb. Den Verhaftungen während der Novemberpogrome entging er dank dem Hinweis eines früheren nichtjüdischen Patienten.
Aubrey Pomerance