Montag,
29. Mai 1933
Kündigungsschreiben des Schulamts der Stadt Dresden an Friedrich Wilhelm Ehrenfreund
Das war nicht die einzige Niederlage, die der Kinderarzt in diesen Tagen zu verkraften hatte. Neben seinem eigenen Praxisbetrieb am Bismarckplatz arbeitete er ehrenamtlich in verschiedenen Wohlfahrtseinrichtungen, die er z.T. gegründet und maßgeblich gestaltet hatte. Nun wurde er systematisch vertrieben, bis er zuletzt im Januar 1934 auch die Praxis schließen musste. Der geschätzte Arzt stand vor den Trümmern seines Lebens und erholte sich davon nicht mehr. Im Februar 1934 starb er mit 58 Jahren unter nicht geklärten Umständen.
Mit Sicherheit verstand Friedrich Ehrenfreund anfangs nicht, was 1933 über ihn hereinbrach. Denn er war 1875 als Sohn des Hornmehlfabrikanten Aron Ehrenfreund und seiner evangelischen Frau Agnes geboren und kurz darauf getauft worden. Sein Vater entschied sich 1883 zur christlichen Taufe. Im Ersten Weltkrieg erlebte er das ganze Elend des Krieges, ließ sich jedoch in seiner Vaterlandsliebe nicht erschüttern: »Alles wird gern ertragen, denn unsere alten Eltern sollen ruhig schlafen und unsere Kinder freie, glückliche Bürger bleiben.« So schrieb er noch im Februar 1918. Ein freier, ja glücklicher Bürger zu sein – dieses Ideal zerschlug sich für Friedrich Ehrenfreund schon in den ersten Monaten des Jahres 1933.
Ulrike Neuwirth