Montag,
31. Juli 1933
Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung für Familie Eisenschmidt durch den Stadtvorstand Apolda
Vermutlich ist es die Wirtschaftskrise zu Beginn der 1920er Jahre, die das Familienunternehmen scheitern lässt. Die Brüder trennen sich und während Hermann Eisenschmidt mit Herrenkonfektion sehr erfolgreich wird, führt Max weiterhin die Stepperei und arbeitet als Vertreter. 1930 entschließt er sich zu einem Neuanfang in der thüringischen Stadt Apolda, bekannt für ihre Strick- und Wirkwaren. Als polnischer Staatsbürger benötigt er für den Zuzug eine Aufenthaltsgenehmigung, die ihm im April 1930 bewilligt wird. Während sich Max Eisenschmidt kaufmännisch betätigt, eröffnet seine tatkräftige Frau unter ihrem Mädchennamen Rosa Silberstein ein Geschäft, das Waren auf Kredit verkauft.
Ende Juli 1933 wird, für die Familie zunächst unerklärlich, den Eisenschmidts die Aufenthaltsgenehmigung entzogen, nachdem schon seit Mai das Bleiberecht für Rosa ungewiss war. Vorausgegangen war diesem Bescheid eine Hausdurchsuchung nach staatsfeindlichen Schriften, während der eine unglückliche Äußerung die Ereignisse ins Rollen brachte. Die Aussage Max Eisenschmidts, dass er wohl kaum so dumm wäre, kommunistische Schriften im Haus zu verstecken, wenn er der Partei angehörte, wird flugs zu einem Schuldeingeständnis und Vorwand für die Ausweisung umgemünzt.
In Thüringen finden die Nationalsozialisten bereits vor 1933 besonders starke Unterstützung. Seit den Landtagswahlen vom Dezember 1929 ist die NSDAP an der Regierung beteiligt und auch in Apolda sitzen Parteigenossen im Stadtrat. Im August 1932 wird in Thüringen die erste NS-Landesregierung gewählt. Als kreisfreie Stadt kann die Stadtverwaltung Apolda hoheitliche Aufgaben des Landes in eigener Verantwortung wahrnehmen, was sie im Falle der Familie Eisenschmidt unnachgiebig tut.
So muss die Familie, trotz mehrfacher Interventionen des polnischen Konsulates, die Stadt Anfang 1934 verlassen und nach Berlin zurückkehren. Dort ereilt sie eine weitere Ausweisung, so dass sie sich noch im gleichen Jahr entschließt, nach Palästina zu emigrieren.
Ulrike Neuwirth