23. März bis 15. Juli 2012 Jüdische Migranten aus Osteuropa in den 1920er Jahren
Kabarett Kaftan
- Kabarett raquo;Kaftanlaquo; in der Jägerstraße 18 um 1930/31 © AKG
Wo heute große Einkaufspassagen in Berlin-Mitte viele Menschen anlocken, zwischen Gendarmenmarkt und Friedrichstraße, konnte man laut B.Z. am Mittag vom 9. März 1931 »eines der besten aller Berliner Kabaretts, ganz sicher das seltsamste und eigenartigste« besuchen.
Das Schauspielerehepaar Maxim Sakaschansky (1886–1952) und Ruth Klinger (1906–1989) hatte das jiddische Kabarett »Kaftan« im Frühjahr 1930 gegründet, seit Herbst befand es sich in der Jägerstraße 18.
In das literarische Kabarett zog es ein gemischtes Publikum. Zu den Besuchern gehörten auch Migranten aus Russland und Polen, die z.T. im nahe gelegenen Scheunenviertel wohnten, und osteuropäische Juden, die schon länger in Berlin lebten.
- Friedrichstraße/Jägerstraße im Juli 2012 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Gelia Eisert
Ruth Klinger über das Kabarett
»Am 14. Februar 1930 findet die Eröffnung des Kabaretts Kaftan statt. […] Das Publikum setzt sich aus drei Schichten zusammen: den ostjüdischen Kleinbürgerfamilien aus der Grenadierstraße und Umgebung […], diese füllen die billigen Platzkategorien, erscheinen Samstag und Sonntag in Massen; […]. Die teureren Plätze belegen die schon seit längerer Zeit in Berlin Niedergelassenen, die klein angefangen haben, bereits im Westen der Stadt wohnen und nach wie vor eine starke Bindung zu ihrer Herkunft haben […]. Die dritte Schicht bilden die Zionisten, die nachholen wollen, was ihnen fehlt: das Verständnis für die Sprache ihrer Brüder aus dem Osten, für deren Tradition, für ihre volkstümliche Kunst. […] Wer nicht kommt, das sind die Mitglieder des C.V., des ›Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens‹. Sie fühlen sich als Deutsche, zum ostjüdischen Element haben sie nicht die geringste Beziehung.«
Ruth Klinger über das Kabarett zit. aus: Die Frau im Kaftan hg. v. Ludger Heid, 1992
Ruth Klinger über das Kabarett zit. aus: Die Frau im Kaftan hg. v. Ludger Heid, 1992
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