»Im Augenblick. Fotografien von Fred Stein«
Presseinformation
Pressemitteilung von Do, 21. Nov 2013
Ein Augenblick kann entscheidend sein – im Leben wie in der Fotografie. Mehr als 130 solcher bewahrten Momente aus den Straßen von Paris und New York sowie Porträts berühmter Persönlichkeiten zeigt das Jüdische Museum Berlin ab heute. Dem Fotografen Fred Stein ist die weltweit erste umfassende Retrospektive gewidmet. „Im Augenblick. Fotografien von Fred Stein“ präsentiert die Arbeiten vom 22. November 2013 bis zum 23. März 2014 in der Eric F. Ross Galerie.
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Das Herzstück der Retrospektive bilden mehr als 70 Straßenansichten aus Paris und New York. Sie folgen keiner chronologischen oder geographischen Ordnung, sie orientieren sich an zusammenhängenden Bildersujets: Stadtansichten und Alltagsmomente, Straßenverkäufer und Kinderszenen, Armut und glückliche Momentaufnahmen. Umrahmt werden diese Fotografien von 60 Porträtbildern berühmter Persönlichkeiten. Private Dokumente, Originalabzüge und Kontaktbögen veranschaulichen Biografie und Werk des Fotografen, dessen Bilder heute vertrauter sind als der Name.
„Fred Steins Werk zeigt eindrücklich, dass es ihm nicht nur um die Fotografie als Ergebnis seiner Arbeit ging, sondern um die persönliche Begegnung und das Festhalten besonderer Momente. Davon zeugen auch die Anekdoten zu einzelnen Aufnahmen“, beschreibt Kuratorin Theresia Ziehe den Fotografen Fred Stein.
Psychologie des Porträts
Fred Stein machte zeitlebens mehr als 1.200 Porträts von Zeitgenossen. Die Fotografien von Sozialdemokraten und Kommunisten, Präsidenten, Schriftstellern, Intellektuellen und Künstlern verknüpfen seine Achtung der Person mit seinem Engagement für die jeweilige Sache. Mit Geduld und Spürsinn brachte er Politiker oder Künstler vor seine Kamera, etwa Salvador Dalí, Marc Chagall und Willem de Kooning sowie in die USA ausgewanderte Deutsche wie Thomas Mann und Marlene Dietrich. In den Augen der porträtierten Hannah Arendt war Stein „einer der besten zeitgenössischen Porträtfotografen“. Auch Willy Brandt schätzte seinen Freund Fred Stein 1957 in New York hoch ein: „Dieser Mann hatte ganz zweifellos eine Vision, wovon die Menschen und Sujets, die er auswählte, eindeutig Zeugnis ablegen.“ Die ausgestellten Aufnahmen lesen sich wie ein „Who is who“ prominenter Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.
Die Stein‘sche Bildsprache ist klar und einfach, die Aufnahmen sind weder arrangiert, noch inszeniert. Der Fotograf Fred Stein arbeitete unaufdringlich, die Porträtierten sollten natürlich erscheinen. Meist kannte er ihre Lebenswege und Werke lange im Voraus und vertiefte sich in den Porträtsitzungen in intensive Gespräche, während das Fotografieren eher beiläufig geschah. „Ich muss sagen, das ist auch der Sinn, den ich der Porträtfotografie gebe: einen Ersatz … für den lebenden Menschen zu schaffen, ein Bild, das über den äußeren und inneren Menschen aussagt“, beschrieb Fred Stein seinen fotografischen Anspruch.
Der Anwalt der Straße
Als Sohn eines Rabbiners in Dresden geboren und dort zum Juristen ausgebildet, musste Fred Stein als Jude und Sozialist mit seiner Frau Lilo 1933 nach Paris und von dort 1941 nach New York emigrieren. Im Gepäck hatte er seine Leica, die ihm bis zu seinem Tod ein ständiger Begleiter war. „Dresden vertrieb mich; so wurde ich Fotograf“, sagte Fred Stein im Rückblick. Mit der Kleinbildkamera und später mit einer Rolleiflex hielt der Autodidakt unzählige Alltagsmomente in den Straßen von Paris und New York fest. Die Fotografie wurde zu seinem Beruf, der studierte Jurist zum Anwalt der Straße. Bis heute bestechen die Augenblicksaufnahmen durch ihre Lebendigkeit sowie ihren formalen und kompositorischen Aufbau. Fred Stein gelang es als exzellenter Beobachter und Chronist seiner Zeit das Wesen der beiden grundverschiedenen Metropolen mit ihren charakteristischen Stimmungen festzuhalten. In beiden Städten belichtete er Momentaufnahmen, die an Szenen berühmter Spielfilme erinnern.
Ein Nachlass ans Licht gebracht
Für die Ausstellungsvorbereitung hat die Kuratorin Theresia Ziehe den Nachlass von Fred Stein in New York ausführlich gesichtet. Seit dem Tod von Lilo Stein im Jahr 1997 befindet er sich im Besitz des Sohnes Peter Stein. Die frühesten Fotografien mit der Leica stammen aus Dresden, der Geburtsstadt Fred Steins. Sie zählen zu den ältesten erhaltenen Arbeiten und zeigen Porträts von Lilo und Fred Stein, das Grab seines früh verstorbenen Vaters und eine Außenaufnahme der Synagoge von Gottfried Semper. Zwei der drei erhaltenen Kontaktbögen werden in der Ausstellung erstmals öffentlich präsentiert.
Eine Publikation bietet mit zahlreichen Abbildungen einen ersten umfassenden Überblick zum Werk des Künstlers. (200 Seiten, Deutsch / Englisch, Kehrer Verlag, Heidelberg, Buchhandelsausgabe 49,90 Euro)
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