Preis für Verständigung und Toleranz 2020
Der Preis geht dieses Jahr an die ehemalige US-amerikanische Außenministerin Madeleine K. Albright und an den Pianisten Igor Levit
Pressemitteilung von Di, 27. Okt 2020
Am Samstag, dem 31. Oktober 2020, verleiht das Jüdische Museum Berlin zum 19. Mal den „Preis für Verständigung und Toleranz“. Die Auszeichnung wird in diesem Jahr an die ehemalige US-amerikanische Außenministerin Madeleine K. Albright und den Pianisten Igor Levit verliehen. Die Laudatoren sind der Bundesaußenminister a.D. Joschka Fischer für Madeleine K. Albright sowie die Moderatorin und Journalistin Dunja Hayali für Igor Levit. Hetty Berg, Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, wird die Preise überreichen.
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Der „Preis für Verständigung und Toleranz“
Mit dem „Preis für Verständigung und Toleranz“ werden seit 2002 Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wirtschaft ausgezeichnet, die sich auf herausragende Weise um die Förderung der Menschenwürde, der Völkerverständigung, der Integration von Minderheiten und des Zusammenlebens unterschiedlicher Religionen und Kulturen verdient gemacht haben. Der Preis wird traditionell im Rahmen eines festlichen Dinners gemeinsam vom Jüdischen Museum Berlin und den Freunden des Jüdischen Museums Berlin verliehen. Aufgrund der aktuell ansteigenden Infektionszahlen findet die Verleihung in diesem Jahr ohne Gäste statt. Die Veranstaltung mit Begrüßung der Direktorin, Reden der Laudatoren und der Preisträger sowie die Preisverleihung werden aus dem Glashof des Museums live gestreamt.
In der Begründung für die Vergabe des Preises an die ehemalige US-amerikanische Außenministerin heißt es:
„Als Politikerin, Professorin und Autorin ist Madeleine Albright auch aktuell eine unverzichtbare Stimme. Ob es um die Einwanderungspolitik der USA geht, die unbeständigen Fortschritte des Feminismus oder um die zunehmende Spaltung der Gesellschaft – Albright findet klare Worte und stellt sich der Auseinandersetzung. Ihr politisches Bewusstsein gründet in der zweifachen Erfahrung von Flucht: einmal vor den Nationalsozialisten in Prag und später vor der kommunistischen Diktatur in Belgrad. Diese Erfahrung sowie die tiefe Überzeugung, dass die USA einst zu wenig gegen die Vernichtung der Juden in Europa getan hatten, bestärkten Albright – die erst mit 59 Jahren von ihren jüdischen Wurzeln erfuhr – in ihrem Handeln als Außenministerin. Für ihr leidenschaftliches Engagement, ihre politische Weitsicht und ihre streitbare Stimme verleiht die Jury aus dem Vorstand der Freunde des Jüdischen Museums Berlin Madeleine Albright den ,Preis für Verständigung und Toleranz 2020‘.“
„Igor Levit kennt keine Trennung zwischen Ästhetik und Alltag, zwischen Musik und gesellschaftlichem Engagement. Der Pianist kritisiert nicht nur die weithin übliche apolitische Kontextualisierung klassischer Musik, sondern zählt selbst zu den wichtigsten politischen Stimmen seiner Generation. Mit mutigen Stellungnahmen positioniert er sich klar gegen Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit. Dabei lässt er sich in seinem Engagement nicht beirren, obwohl er dafür angefeindet und bedroht wird. Solidarität zu zeigen ist für Igor Levit, der im Frühjahr dieses Jahres mit seinen über 50 auf Twitter gestreamten ,Hauskonzerten‘ mitten in der Corona-Pandemie ein Zeichen für Zusammenhalt setzte, auch in seinem künstlerischen Wirken essenziell. Sein Klavierspiel, in dem sich Virtuosität und außergewöhnliche Interpretationskraft verbinden, ist für ihn ein Ort der Freiheit. Und Freiheit bedeutet: keine Angst. Mit dem ,Preis für Verständigung und Toleranz 2020‘ zeichnet die Jury aus dem Vorstand der Freunde des Jüdischen Museums Berlin nicht nur einen Ausnahmepianisten, sondern einen Ausnahmemenschen mit einem ebenso unermüdlichen wie zutiefst humanitären Engagement aus“,
so die Begründung der Jury, den Künstler mit dem Preis zu ehren.
Preisträgerin Madeleine K. Albright
Madeleine K. Albright zählt zu den einflussreichsten Politikerinnen der Gegenwart. Sie war von 1997 bis 2001 unter Präsident Bill Clinton die erste Außenministerin der USA. Als Tochter eines tschechoslowakischen Diplomaten 1937 in Prag geboren, ging sie zweimal mit ihrer Familie ins Exil. 1939 flohen sie vor den Nationalsozialisten nach England, 1948 vor den Kommunisten in die USA. Bereits früh an internationaler Politik interessiert, studierte Madeleine Albright dort Politikwissenschaft am Wellesley College und Rechts- und Staatswissenschaften an der Columbia University, wo sie 1976 promovierte. An der renommierten Georgetown University in Washington wurde sie später Professorin für Internationale Beziehungen. Sie engagierte sich seit den 1970ern bei den US-Demokraten. Sie beriet den US-Senator Edmund Muskie, gehörte im Stab des Präsidenten Jimmy Carter dem United States National Security Council an und arbeitete dort für Dr. Zbigniew Brezeinski, polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Politikberater. Ab 1993 vertrat die Demokratin die USA als Botschafterin bei den Vereinten Nationen. 1997 wurde Madeleine Albright von Präsident Bill Clinton berufen und als 64. Außenminister der USA vereidigt. Sie war die erste Frau in diesem Amt. Nach dem Ende ihrer Amtszeit 2001, gründete Albright das Beratungsunternehmen Albright Stonebridge Group in Washington DC, das Politik- und Strategieberatung anbietet. Albright erkannte früh, wie wesentlich ein Netzwerk von Frauen ist. Bereits als UNO-Botschafterin verbündete sie sich mit ihren wenigen Kolleginnen und erzielte, dass mehr Frauen in hohe Positionen bei der UNO berufen wurden. Mit dem Bewusstsein, dass Frauen nur vereint ihre Interessen durchsetzen können, arrangierte sie auch später in ihrer Funktion als Außenministerin Treffen der Außenministerinnen der Welt. Für ihr politisches und gesellschaftliches Handeln erhielt sie mehrere Auszeichnungen und Ehrungen, u.a. wurde sie 2001 in die American Academy of Arts und Sciences aufgenommen und 2012 verlieh ihr Barack Obama mit der „Presidential Medal of Freedom“ die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten.
Preisträger Igor Levit
Igor Levit stammt aus einer jüdischen Familie und wurde 1987 im russischen Nischni Nowgorod (früher Gorki) geboren. Schon sehr früh erhielt Levit Klavierunterricht von seiner Mutter und gab bereits mit vier Jahren sein erstes Solokonzert. In Hannover, wohin die Familie 1995 übersiedelte, begann er im Alter von 13 Jahren ein Studium für musikalisch Hochbegabte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien. Sein Klavierstudium schloss er mit der besten Bewertung in der Geschichte der Hochschule ab. Zu seinen Lehrern gehörten Karl-Heinz Kämmerling, Matti Raekallio, Bernd Goetzke, Lajos Rovatkay und Hans Leygraf.
Der Pianist Igor Levit zählt zu den wichtigsten klassischen Musikern der Gegenwart und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Als jüngster Teilnehmer gewann Igor Levit beim 2005 ausgetragenen International Arthur Rubinstein Wettbewerb in Tel Aviv neben Silber auch den Sonderpreis für Kammermusik, den Publikumspreis und den Sonderpreis für die beste Aufführung zeitgenössischer Pflichtstücke. 2018 erhielt er den „Gilmore Artist Award“ und den „Instrumentalist des Jahres 2018“ der Royal Philharmonic Society. Im Frühjahr 2019 erfolgte der Ruf als Professor für Klavier an die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
Viel Beachtung findet daneben Levits politisches und gesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. So gab er 2018 anlässlich des Skandals um die Rapper Kollegah und Farid Bang seinen ECHO KLASSIK-Musikpreis zurück. In seiner Rede anlässlich der Verleihung des Klassikpreises „Opus Klassik“ 2019 setzte er ein Zeichen gegen die Verrohung der Sprache. Seinen Preis widmete er den Opfern des Anschlags von Halle. Für sein politisches Engagement erhielt Igor Levit mehrere Auszeichnungen. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz ehrte ihn das Internationale Auschwitz Komitee mit der „Statue B“ als „Gabe der Erinnerung“ 2020. Für sein künstlerisches Engagement während des Corona-Lockdowns zeichnete ihn der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 1. Oktober 2020 mit dem Bundesverdienstkreuz aus.
Bildmaterial für die Berichterstattung unter Beachtung des Bildnachweises finden Sie zum Download ab dem 31. Oktober, 22 Uhr unter: Bildmaterial für die Pressearbeit.
Bei Interesse an Berichterstattung senden wir Ihnen auf Wunsch den Streaminglink zur Preisverleihung bis Freitag, dem 30. Oktober, 12 Uhr zu.
Bei Interesse an Interviews mit den Preisträgern vorab, melden Sie sich bitte bei der Pressestelle.
Die Preisträger 2002-2019
Mit dem Preis für „Verständigung und Toleranz“ des Jüdischen Museums Berlin wurden bereits ausgezeichnet: Berthold Beitz, Vorsitzender des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, und Heinrich von Pierer, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Siemens AG (2002), der Bundesinnenminister a.D. Otto Schily und die Verlegerin Friede Springer (2003), der Unternehmer Michael Otto und Bundespräsident a.D. Johannes Rau (2004), der Sammler und Mäzen Heinz Berggruen und der Politiker Otto Graf Lambsdorff (2005), der Generalmusikdirektor der Staatsoper Berlin Daniel Barenboim und der BMW-Manager Helmut Panke (2006), der Bundeskanzler a.D. Helmut Kohl und der Historiker Fritz Stern (2007), der Unternehmensberater Roland Berger und der ungarische Literaturnobelpreisträger Imre Kertész (2008), Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung Robert Bosch GmbH und Christof Bosch, Sprecher der Familie und Mitglied des Kuratoriums Robert Bosch Stiftung GmbH – beide als Vertreter des Hauses Bosch – und der Filmregiss€ Michael Verhoeven (2009), der Literaturwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma und der Wirtschaftsmanager Hubertus Erlen (2010), Bundeskanzlerin Angela Merkel (2011), Klaus Mangold, Vorsitzender des Aufsichtsrates Rothschild, Frankfurt und Moskau, und Bundespräsident a.D. Richard von Weizsäcker (2012), Berthold Leibinger, Gesellschafter TRUMPF GmbH + Co. KG, Ditzingen, und Schauspielerin Iris Berben (2013), Verleger Hubert Burda und Bundesminister der Finanzen Wolfgang Schäuble, MdB (2014), W. Michael Blumenthal, Gründungsdirektor des Jüdischen Museums Berlin (2015), die Zeitzeuginnen Renate Lasker Harpprecht und Anita Lasker Wallfisch sowie der Unternehmer Hasso Plattner (2016) Joe Kaeser, Vorsitzender des Vorstands der Siemens AG sowie Joachim Gauck, Bundespräsident a.D. (2017), die Unternehmerin Susanne Klatten und der Schriftsteller David Grossman (2018) und zuletzt Bundesaußenminister Heiko Maas und der Künstler Anselm Kiefer.