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Weltkulturerbe-Titel für Claude Lanzmanns Audio-Archiv im Jüdischen Museum Berlin

Pressemitteilung

Pressemitteilung von Do, 18. Mai 2023

Seit heute kann das Jüdische Museum Berlin (JMB) von sich sagen, dass es UNESCO-Welt­kultur­erbe beherbergt: Claude Lanz­manns (1925–2018) Audio-Archiv zu dem Film Shoah (Frankreich 1985). Das Archiv wurde heute gemein­sam mit dem originalen 16 mm-Film und dem restaurierten 35 mm-Film in das UNESCO-Register des Welt­dokumenten­erbes „Memory of the World“ aufgenommen. Die Filme sind Eigen­tum der französischen Produktions­firma Les Films ALEPH, die 1973 von Claude Lanz­mann gegründet wurde. Dominique Lanz­mann, die Witwe des Regisseurs, ist sowohl deren Geschäfts­führende Gesellschafterin als auch Präsidentin der Claude und Felix Lanz­mann-Vereinigung A.C.F.L. Die internationale Aus­zeichnung hebt den universellen Wert und die Bedeut­samkeit der Filme und der Ton­kassetten hervor.

Kontakt

Dr. Margret Karsch
Pressesprecherin
T +49 (0)30 259 93 419
presse@jmberlin.de

Postadresse

Stiftung Jüdisches Museum Berlin
Lindenstraße 9–14
10969 Berlin

Bei dem Audio-Archiv handelt es sich um Ton­aufnahmen, die der Journalist und Dokumentar­film-Regisseur Lanz­mann, Enkel jüdischer Immigrant*innen aus Ost­europa, bei den Recherchen in den Jahren vor Beginn der Dreh­arbeiten für Shoah gemacht hat. Es sind Gespräche mit unter­schiedlichen Zeit­zeug*innen: mit Überlebenden der Ghettos und Konzentrations­lager, mit Widerstands­kämpfer*innen, Historiker*innen, Geist­lichen, Intellektuellen, Politiker*innen und Täter*innen. Corinna Coulmas und Irena Steinfeld-Levy unterstützten Lanz­mann bei seinem Unter­nehmen als Assistentinnen.

Das Audio-Archiv wurde dem JMB Ende 2021 von Dominique Lanz­mann gestiftet. Die Auf­nahmen sind auf gewöhnlichen Musik­kassetten gespeichert. Nach dem Erhalt der Schenkung hat das JMB damit begonnen, die rund 200 Stunden Auf­nahmen zu digitalisieren, um sie für die Zukunft zu be­wahren und zu­gänglich zu machen.

Hetty Berg, die Direktorin des JMB, kommentiert die Schenkung und die Aus­zeichnung: „Mit der Aus­zeichnung beherbergt das JMB nun erstmals von der UNESCO anerkanntes Welt­kultur­erbe. Dieses umfangreiche und nie veröffentlichte Audio-Archiv, das im Kontext seines filmischen Monumental­werks Shoah entstanden ist, hier in Berlin bewahren zu dürfen, ist ein großes Glück und besondere Ver­pflichtung zugleich. Die Audio-Aufzeichnungen bereichern seit dem vergangenen Jahr unsere Sammlung um eine einzigartige Perspektive: Lanz­mann hat mit seinem Dokumentar­film einen völlig neuen künstlerischen Ansatz gewählt und Grund­lagen für die Methode der Oral History gelegt. Die Aus­zeichnung motiviert uns zusätzlich, diesen Be­stand inhaltlich zu erschließen, recherchierbar und online zugänglich zu machen.“ Die Alfred Landecker Foundation, die sich unter anderem für eine zeitgemäße Erinnerung an den Holocaust einsetzt, beabsichtigt, die digitale Aufarbeitung, Erschließung und Vermittlung des Archivs mit einem substanziellen Betrag zu fördern.

Der Film Shoah war ein Wende­punkt in der Wahr­nehmung des Holo­causts: Ohne pädagogischen Gestus ist es ein lehr­reiches Werk, das gesicherte historische Informationen liefert und diese im Gedächtnis eines welt­weiten Publikums verankert. Lanz­mann hatte zwölf Jahre lang an diesem Dokumentar­film gearbeitet. Der Film ist neun Stunden und 26 Minuten lang – er zeigt kein einziges Archiv­bild. Lanz­manns Interview-Methodik in Shoah spielte eine wichtige Rolle für die Ent­wicklung der Oral History als Dis­ziplin: Er lässt die Zeitzeug*innen frei erzählen und den Fokus ihrer Er­zählung selber wählen. Die Premiere von Shoah gilt ent­sprechend sowohl als großes filmisches Ereignis als auch als historischer Meilen­stein. In Anbetracht der Tat­sache, dass die letzten Zeug*innen des Holo­causts bald verstorben sein werden, entfalten die von Lanz­mann durch­geführten Recherchen und Ton­dokumentationen ihre volle Bedeutung.

Die Dokumente im „Memory of the World“-Register der UNESCO markieren kulturelle Wende­punkte der Geschichte und sind Wissens­quelle für die Gestaltung heutiger und künftiger Gesellschaften – beispielsweise die Göttinger Gutenberg-Bibel, die Archive des Warschauer Ghettos, die Kolonial­archive Benins, Senegals und Tansanias. Diese Dokumente von außer­gewöhnlichem Wert in Archiven, Bibliotheken und Museen zu sichern, zugänglich zu machen und das Bewusst­sein für ihre Be­deutung zu erhöhen, ist seit 1992 die Ziel­setzung des UNESCO-Programms „Gedächtnis der Menschheit“. Deutschland ist nun mit 25 Einträgen vertreten. 
 

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