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Claude Lanz­manns Audio-Archiv

Projekte zur Er­schließ­ung, Be­wahr­ung und Ver­mitt­lung dieses wert­vollen Bestandes im Jüdi­schen Museum Berlin

Die Association Claude et Felix Lanz­mann (A.C.F.L.), ver­treten durch Dominique Lanz­mann, Witwe des fran­zö­si­schen Jour­nalisten und Dokumentar­filmers Claude Lanz­mann (1925–2018), stiftete dem Jüdi­schen Museum Berlin in den Jahren 2021 und 2022 einen Bestand von ins­ge­samt 152 Mag­net-Ton-Kas­set­ten aus dem Nach­lass ihres Mannes. Es han­delt sich dabei um bisher un­bekannte Recherche­auf­nahmen aus der Zeit vor den Dreh­arbeiten zu Lanz­manns monu­men­talem Film Shoah.

Zusammen mit Shoah wurde das Lanz­mann-Audio-Archiv am 18. Mai 2023 von der UNESCO in das Register des Welt­doku­men­ten­erbes Memory of the World auf­ge­nommen.
Der Bestand ist Teil des Samm­lungs­bereiches Audio­visuelle Medien des Jüdi­schen Museums Berlin.

Verein Claude und Felix Lanz­mann (A.C.F.L.)

Website der A.C.F.L.

UNESCO Welt­doku­menten­erbe

Shoah von Claude Lanz­mann, restauriertes 35-mm- Film­negativ und des Audio­archivs Zeugen der Geschichte der Shoah
Website der UNESCO

Die Kassetten

Die Aufnahmen – ins­ge­samt über 220 Stunden Ton­material – doku­men­tieren die viel­fältigen Gespräche, die Claude Lanz­mann und seine Assistentinnen Corinna Coulmas und Irena Steinfeldt-Levy in den 1970er-Jahren während ihrer mehr­jährigen Re­cher­chen führ­ten. Sie geben Ein­blicke in die Ent­stehungs­geschichte von Shoah und bilden gleich­zeitig einen ein­drück­lichen Be­stand an nicht-standardisierten Zeit­zeug*innen­gesprächen mit Über­lebenden der Ghettos, der Kon­zentrations- und Ver­nichtungs­lager, mit Täter*innen, aber auch mit His­to­riker*innen, inter­nationalen Be­ob­ach­ter*innen und poli­tischen Ak­teur*innen. Lanz­mann und sein Team fuhren nach Israel und in die USA, die Schweiz, die DDR und die BRD, nach Öster­reich, Groß­britannien und nach Polen, um dort Per­sonen und Orte auf­zu­suchen, die ihnen Auf­schluss über die Ge­schichte der Schoa geben würden.

Die Gespräche mit Über­lebenden und zahl­reichen Fach­historiker*innen fanden in ver­traulicher Atmosphäre, mal bei den Befragten zu Hause, mal in einem Restaurant, statt. Geredet wurde auf Deutsch, Englisch, Fran­zö­sisch, Polnisch, Jiddisch, Hebräisch und Italienisch, mit­unter in mehreren Sprachen gleich­zeitig simultan­über­setzt.

Im Falle der Täter*innen klingelten Lanz­mann und seine Assistentinnen nicht selten un­an­ge­kündigt und mit ver­stecktem Auf­nahme­gerät an den Türen und saßen, sofern sie herein­ge­lassen wurden, bald bei Kaffee und Zigarette im Wohn­zimmer der ehe­maligen Nazi-Schergen.

Die Aufzeichnungen zeugen von spontanem Aus­tausch, improvisierten Bedingungen und der Suche nach Ant­worten, Hin­weisen und der Bereit­schaft zu sprechen.

Teils beschädigter Zettel mit der handschriftlichen französischen Beschriftung „Cassettes d’interviews [de mon?] filmes“ (Kassetten mit Interviews [meines?] Films)

Rechercheaufnahmen zum Film Shoah mit Jacob und Pauline Werbin, San Francisco, ca. 1976; Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr. 2021/153/110, Schenkung Association Claude et Felix Lanzmann

Transkription

Sprecher 1: <sim Don’t you> think it’s a little bit late in the game to make a docume_ a documentary <sim right now?>
Sprecher 2: <sim Well, listen_ >
Sprecher 1: <sim After so many years?>
Sprecher 2: I make a very special kind of documentary. It is a_ I don’t try to revive the things as they were, as this is impossible. 
Sprecher 1: Yeah.
Sprecher 2: But what I make, it’s an inquiry about the Holocaust, which is carried on today, you know. It is a film about memory and about time and, <sim maybe it’s_>
Sprecher 1: <sim In other words,> you make it in chapters. 
Sprecher 2: Yes.
Sprecher 1: You start out from <sim the all time.>
Sprecher 2: <sim Exactly.> But I start from now on.
Sprecher 1: You start from now what the people are doing now.
Sprecher 2: Exactly.
Sprecher 1: And you go backwards <sim how_>
Sprecher 2: <sim We dive in the past.>
Sprecher 1: Yeah. How they came to that <? position> right now.
Sprecher 2: Yes, exactly. And there are many people in the film. Many people.<p2> And, uh, maybe it’s late. I agree with you. It’s late, <sim but_ >
Sprecher 3: <sim It’s never late.>
Sprecher 2: It was <sim never_>
Sprecher 3: <sim People> are still reading history from two, 3000 years ago <sim that was_>
Sprecher 2: But it was never done before. And if we don’t do it now, in ten years, it’s too late. Because the people will be_ you know that many witnesses are dead already? Many, many.
Sprecher 1: Do you think you can make a success out of it?
Sprecher 2: Well, this is not the purpose. We don’t do it as a commercial venture. This film was asked to me by the Israeli government.
Sprecher 3: <sim Yeah, but> the <Yad Vashem>.
Sprecher 2: But the Israeli state and Yad Vashem. 

Wissen­schaftliche Erschlie­ßung des Bestandes

Seit April 2024 arbeiten wir daran, das Lanz­mann-Audio-Archiv sowohl für die Forschung als auch für die breite Öffentlich­keit zugänglich zu machen. Dazu werden alle Audio­aufnahmen ver­schrift­licht und ins Deutsche und Englische über­setzt. Darüber hinaus recher­chieren wir die Hinter­gründe zu den Auf­nahmen: Wer spricht? Von welchen Er­eig­nissen und Ent­wicklungen ist die Rede? Welche Orte wer­den ge­nannt? Auf der Online-Platt­form Oral-History.Digital (OH.D) werden bis Ende 2027 alle Auf­nahmen des Lanz­mann-Audio-Archivs hör- und zusammen mit den Hilfs­mate­ria­lien erkund­bar sein.

Archivierung und Ver­mitt­lung des Audio­bestandes  

Neben der Er­schlie­ßung gehört die Be­wah­rung und Ver­mitt­lung dieses beson­deren Samm­lungs­bestan­des zu den vor­dring­lichen Heraus­for­derungen des JMB. An­lässlich des 100. Geburts­tages Claude Lanz­manns am 27. Novem­ber 2025 er­öffnen wir die Aus­stellung Claude Lanz­mann. Die Auf­zeichnungen, in der die Auf­nahmen erst­mals der Öf­fent­lich­keit präsen­tiert wer­den. Auch nach dem Ende der Aus­stellung wird der Be­stand über unsere digitalen An­ge­bote für Schüler*innen und Er­wachsene sicht­bar und zu­gäng­lich bleiben.

Kontakt

Dr. Tamar Lewinsky
Kontaktperson für das Gesamtprojekt und
Kuratorin für Audiovisuelle Medien
T +49 (0)30 259 93 458
t.lewinsky@jmberlin.de

Dr. Sonja Knopp
Kontaktperson für die wissenschaftliche Edition
und Projektkoordination
T +49 (0)30 259 93 310
s.knopp@jmberlin.de

Projektlaufzeit

1. April 2024 bis 31. Dezember 2027

Projektpartner

Oral-History.Digital (OH.D)
Website von OH.D

UB-DIS (Arbeitsbereich Digitale Interview-Samm­lungen der Universitäts­bibliothek an der Freien Universität Berlin)
Website von UB-DIS

Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Branden­burg
Website des Selma Stern Zentrums

Leere Pappkiste mit einem weißen Etikett. Ein Dutzend Musikkassetten liegen drumherum.

Magnet-Ton-Kassetten aus Claude Lanz­manns Audio-Archiv; Jüdi­sches Museum Berlin, Foto: Roman März

Gefördert durch

Auswärtiges Amt (Logo) Alfred Landecker Foundation (Logo)

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