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R.B. Kitaj (1932–2007)
Obsessionen

Presseinformation

Pressemitteilung von Do, 23. Aug 2012

In vier Wochen eröffnet das Jüdische Museum Berlin die erste große posthume Retrospektive zum Werk des amerikanischen Künstlers R.B. Kitaj (21. September 2012 bis 27. Januar 2013). Die letzte Gesamtschau fand noch zu Lebzeiten des Malers vor 14 Jahren in vier Städten zwischen Oslo und Madrid statt. Die Ausstellung des 2007 verstorbenen Künstlers versammelt Leihgaben bedeutender Museen und Privatsammlungen aus aller Welt, unter ihnen das MoMA in New York, die Tate in London und die Sammlung Thyssen-Bornemisza in Madrid. Es werden 130 Gemälde, Druckgrafiken und Zeichnungen aus allen Perioden seines Werks ausgestellt.

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T +49 (0)30 259 93 419
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10969 Berlin

Für die große Retrospektive im Jüdischen Museum Berlin stand erstmals das umfangreiche persönliche Archiv R.B. Kitajs aus seinem „Yellow Studio“ in Los Angeles zur Verfügung. Der Nachlass des Künstlers in der University of California Los Angeles (UCLA) birgt wichtige Indizien für die Entschlüsselung der vielschichtigen Bilder, die bis heute als verrätselt und provokant gelten.

Die Ausstellung präsentiert erstmals Kitajs visuelle und intellektuelle Inspirationsquellen und bezieht sein Arbeitsmaterial mit ein: Bücher, Texte, Fotos, Briefe, Postkarten, Skizzen auf Servietten oder Zeitungsausschnitte, die Kitaj sammelte und in seinem Atelier ausbreitete. Sie werden nach dem Vorbild von Aby Warburgs „Bilderatlas“, auf den sich Kitaj in seinem künstlerischen Verfahren immer wieder bezog, auf 20 runden Tischen zu sehen sein. Jeder Tisch steht in engem Zusammenhang mit jeweils einem Werk Kitajs. So wird deutlich, was Kitaj inspirierte, aus welchen Elementen und nach welchen Vorbildern er seine Werke komponierte. Besucher bekommen damit Einblick in seine Montage- und Verfremdungstechnik.

Dreizehn Themen gliedern in der Ausstellung Kitajs Lebenswerk, sie geben den Räumen ihre jeweilige Bezeichnung. Das Spektrum reicht von seinem Verhältnis zu Freunden und intellektuellen Vorbildern über Fragen nach jüdischer Identität, Reflexionen über Politik und Geschichte bis zu seiner obsessiven und geradezu erotomanen Auseinandersetzung mit Frauen.

Zeit seines Lebens portraitierte Kitaj enge Freunde, Vorbilder und Seelenverwandte. Allein zwei Räume umkreisen diesen großen „Freundeskreis“. Zu ihnen zählten der Maler David Hockney, der Schriftsteller Philip Roth und der Rabbiner Albert Friedlander ebenso wie die intellektuellen Vorbilder Franz Kafka, Hannah Arendt, Sigmund Freud und auch Aby Warburg.

Kitaj schuf komplexe Bilder zu aktuellen Themen aus Politik, Moral und Kultur. Er setzte sich auseinander mit dem Vietnamkrieg, mit der Ermordung Präsident Kennedys oder mit den Auswüchsen von Gewalt und Korruption in den USA und griff dies in seinen motivreich komponierten Gemälden auf. Diese großformatigen Arbeiten im surrealistischen Stil werden in dem Raum „Analytiker seiner Zeit“ ausgestellt.

Seit Mitte der 1970er Jahre positionierte sich R.B. Kitaj explizit als jüdischer Künstler. Zwei Räume der Ausstellung, „Der verborgene und der öffentliche Jude“ und „Obsessionen“, sind Kitajs Auseinandersetzung mit dem eignen „Jüdischsein“ gewidmet: Für Kitaj bildete „die jüdische Frage“ den Kern einer obsessiven, lebenslangen Suche nach seiner Position als jüdischer Künstler. Er fand die Vorbilder vor allem unter den Schriftstellern und Intellektuellen der 1920er Jahre. Zu Schlüsselbegriffen wurden für ihn die „Diaspora“ und das „Diasporische“. Zwei Begriffe, die es ihm ermöglichten, Herkunft, Lebenssituation und künstlerischen Ausdruck mit seinem Judentum zu verbinden. „Katalonien und Diaspora“ und „Die Bibliothek als Heimat als Diaspora“ sind zwei Räume, in denen sein Konzept der Diaspora als „inneres Exil“ verbildlicht ist.

Als Künstler erlebte R.B. Kitaj in Europa seine größten Triumphe und gleichzeitig seine größte Enttäuschung. Zwei Ausstellungsräume, „Tate Krieg“ und „Rückzug“, sind dieser Phase seines Lebens gewidmet. Als die große Retrospektive seiner Arbeiten in der Tate Gallery 1994 eine Flut von negativen Kritiken auslöste, sprach Kitaj vom „Tate War“, der ihn in seiner Position als Außenseiter bestätigte und ihn schließlich zur Rückkehr in die USA bewegte.

Die Ausstellung R.B. Kitaj (1932–2007) Obsessionen ist eine Ausstellung des Jüdischen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit der Kulturprojekte Berlin GmbH. Für die Ausstellungsgestaltung zeichnen Holzer Kobler Architekturen (Zürich/Berlin) verantwortlich.

Zur Pressekonferenz am 20. September um 11.00 Uhr mit Vorbesichtigung laden wir Sie in Kürze gesondert ein.

Anlässlich des 80. Geburtstages von R.B. Kitaj (1932-2007) in diesem Jahr veranstaltet das Jüdische Museum Berlin in Zusammenarbeit mit der Akademie der Künste und der Humboldt-Universität zu Berlin am 25./26. Oktober ein Symposium mit Referenten aus Deutschland, Großbritannien und den USA. Kitaj war 1993 bis 2007 Mitglied der Akademie der Künste, Sektion Bildende Kunst.

Der umfangreiche Katalog erscheint in einer deutschen und einer englischen Ausgabe. 256 Seiten, 200 farbige Bilder, Vergleichsabbildungen und fünf Klapptafeln, Museumsausgabe 34.- €, Presseexemplar 12.- €, Kerber Verlag Bielefeld/Berlin 2012, ISBN (dt.): 978-3-86678-697-4, ISBN (engl.): 978-3-86678-697-5.

Der Audioguide begleitet Besucher mit Texten R.B. Kitajs zu ausgesuchten Werken.

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