»Vor Gericht: Auschwitz / Majdanek« Eröffnung des neuen Kapitels in der Dauerausstellung am 27. Juni
Presseinformation
Pressemitteilung von Do, 27. Juni 2013
Die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Mord an den europäischen Juden begann im Gerichtssaal. „Vor Gericht: Auschwitz / Majdanek“, das neue Kapitel im Bereich „Gegenwart“ der Dauerausstellung widmet sich den beiden größten NS-Prozessen in der Bundesrepublik Deutschland.
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Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965) und die Berichterstattung über dieses Verfahren prägten die Wahrnehmung und die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend. Die Schilderungen der KZ-Überlebenden erschütterten nicht nur die Anwesenden im überfüllten Gerichtssaal, sondern auch eine internationale Öffentlichkeit.
Der Düsseldorfer Majdanek-Prozess (1975–1981) war das aufwändigste deutsche Gerichtsverfahren. Es endete mit Freisprüchen und milden Urteilen. Die Unzulänglichkeit der Rechtsprechung angesichts der Massenmorde wurde offenbar.
Der Düsseldorfer Majdanek-Prozess (1975 – 1981)
20 Jahre nach Prozessbeginn schuf die Malerin Minka Hauschild die Gemäldeserie „Majdanek Prozessportraits“. Inspiriert hatte sie dazu der Dokumentarfilm „Der Prozess“ (1984) von Eberhard Fechner, in dem unterschiedliche Prozessbeteiligte interviewt werden. Von ihrem Fernsehgerät fotografierte die Künstlerin die Bilder der Prozessbeteiligten ab und malte 44 großformatige Ölporträts. Die 1996 abgeschlossene Serie ist nun in ihrer Gesamtheit zum ersten Mal im Jüdischen Museum Berlin zu sehen. In iPads angebotene Informationen geben Aufschluss darüber, wer Angeklagter, Zeuge, Richter oder Beobachter im Prozess war. Texte erzählen die Geschichten der Dargestellten und verdeutlichen ihre jeweiligen Rollen im Verfahren. Minka Hauschilds Bilder sind gegenüber der schwarzen Wand eines Void, eines leeren Raums, platziert - so fügt sich der neue Ausstellungsbereich in das architektonische Konzept von Daniel Libeskind ein.
Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963 – 1965)
In einer Medieninstallation aus drei schwarzen, gläsernen Kuben zeigt das Museum historische Fernsehbeiträge zum Auschwitz-Prozess aus der Bundesrepublik, den Niederlanden und Kanada. In 32 Minuten kommen unterschiedliche Zeitzeugen zu Wort: der Initiator des Prozesses Fritz Bauer, der Staatsanwalt Joachim Kügler, Prozessbeobachter wie Hannah Arendt, der FAZ-Journalist Bernd Naumann, ein Auschwitz-Überlebender und etliche Stimmen aus der Bevölkerung. Ein Wechsel aus Bild und Text vermittelt den Besuchern ein schlüssiges Bild von den Haltungen, Fragen und Konflikten, die im Gerichtssaal und in der Öffentlichkeit verhandelt wurden.
Die historische Bedeutung der NS-Prozesse
Seit 1945 wurden in Deutschland über 36.000 NS-Strafverfahren eingeleitet. Insgesamt ergingen rund 6000 Verurteilungen zu NS-Verbrechen. Davon endeten 600 mit Verurteilungen wegen Verbrechen in Konzentrationslagern und anderen Haftstätten. Der Großteil der Verfahren kam gar nicht zur Anklage, sondern wurde – oft aus Mangel an Beweisen – eingestellt. Gleichwohl wurden im Zuge der Ermittlungen zu den Strafverfahren die Geschehnisse in den Lagern zum ersten Mal erforscht und dokumentiert.
Das Kapitel „Gegenwart“ in der Dauerausstellung
Unter dem Titel „Gegenwart“ widmet sich der letzte Teil der Dauerausstellung der Geschichte der Juden in Deutschland von 1945 bis heute. Im Anschluss an den neuen Ausstellungsbereich „Vor Gericht: Auschwitz / Majdanek“ steht schon seit 2006 das Kapitel „So einfach war das“, das sich mit der jüdischen Kindheit und Jugend in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach 1945 auseinandersetzt. „Wie war das eigentlich, nach 1945 als Jüdin oder Jude aufzuwachsen?“ 18 bekannte und unbekannte Geschichtenerzähler haben ein Foto ausgewählt, das für ein Schlüsselerlebnis ihrer Kindheit oder Jugend steht. Die dazu gehörigen Geschichten wurden von den Protagonisten selbst eingesprochen – sie stehen am Ende der historischen Dauerausstellung des Jüdischen Museums Berlin „Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte“.
Das Ausstellungsdesign
Der neue Ausstellungsbereich wurde von Holzer Kobler Architekturen Berlin GmbH gestaltet. Die reduzierte, prägnante Ausstellungsgestaltung bringt die präsentierten Exponate und Inhalte innerhalb der Architektur Daniel Libeskinds wirkungsvoll zur Geltung. Die Konzeption und Umsetzung der Video-Installation zum Auschwitz-Prozess übernahmen Bernd Hopfengärtner und Frédéric Eyl vom Studio TheGreenEyl, Berlin.