Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

< 16. FEBRUAR 1933
25. FEBRUAR 1933 >

Dienstag,
21. Februar 1933

Mitteilung von Benno Chajes an das Amtsgericht Schöneberg über den Nachlass von Eduard Bernstein

Eduard Bernstein (1850–1932), eine der bedeutendsten Figuren in der Geschichte der sozialistischen Bewegung Deutschlands, ist es erspart geblieben, die Nationalsozialisten an der Macht erleben zu müssen. Der führende sozialistische Theoretiker und Wegbegleiter von Friedrich Engels, August Bebel und Rosa Luxemburg starb fast 83-jährig im Dezember 1932, sechs Wochen vor der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler.

Es war die Aufgabe des Witwers seiner Stieftochter, Benno Chajes, Bernsteins Wohnung aufzulösen und sein Testament zu vollstrecken. Chajes war aufgefordert, den Wert des Nachlasses dem Amtsgericht Schöneberg zu übermitteln. Ein ganz alltäglicher Vorgang. Wie aus seinem Schreiben ersichtlich, handelte es sich um keine große Summe: knapp 4.000 Reichsmark.

Eduard Bernstein gehörte einige Monate später zu den Autoren, deren Schriften auf den Scheiterhaufen der im ganzen Land organisierten Bücherverbrennung landeten und verboten wurden.

Aubrey Pomerance

Kategorie(n): Berlin | Bücherverbrennung | Politiker
Mitteilung von Benno Chajes an das Amtsgericht Schöneberg über den Nachlass von Eduard Bernstein, Berlin, 21. Februar 1933
Schenkung von Zev Chajes

Benno Chajes

Benno Chajes (1880–1938) war Mediziner und Leiter des Instituts für Sozialhygiene. Von 1928 bis 1932 vertrat er die SPD im preußischen Landtag und war ein politischer Gegner der Nationalsozialisten. Bei den Wahlen am 5. März 1933 wurde er erneut in den Landtag gewählt. Zusammen mit den anderen SPD-Abgeordneten stimmte er am 18. Mai vergeblich gegen das Ermächtigungsgesetz für Preußen, durch das die Regierung weitreichende Vollmachten erhielt. Danach trat der Landtag nicht wieder zusammen.

Sich der Gefahren bewusst, die ihm als Sozialdemokrat und Jude drohten, bereitete Benno Chajes seine Auswanderung vor. Bereits Ende April war er von seiner Professorenstelle beurlaubt worden und hatte seine Kassenzulassung verloren. Im Juli/August wanderte er nach Palästina aus. Hier eröffnete er eine eigene Praxis und spielte eine wichtige Rolle bei der gesundheitspolitischen Entwicklung des Landes.

Ausweiskarte für den Preußischen Landtag, IV. Wahlperiode, Berlin, 20. Mai 1932
Schenkung von Zev Chajes 
IMPRESSUM