Bereits einen Monat, nachdem Hitler die Macht übernommen hatte, mischte sich die NSDAP verstärkt in die Strukturen der deutschen Universitäten ein. Ende Februar 1933 erreichte die Lehrenden an der Berliner Universität ein Schreiben, das sie zur Unterstützung der neuen Regierung aufrief. Absender waren acht Hochschullehrer, die »in dem Zusammenschluss der nationalen Kräfte unter der Führung von Adolf Hitler als Reichskanzler den einzigen möglichen Weg (sehen), das Vaterland aus seiner wirtschaftlichen Notlage und seelischen Bedrängnis herauszuführen«.
Doch die Unterzeichner begnügten sich nicht damit, ihre eigenen Ansichten kundzutun. Sie riefen ihre Kollegen auf, die »Kundgebung« ebenfalls zu unterschreiben, »in der Überzeugung, dass Wissenschaft und Kultur die Hauptstützen jeder deutschen Erhebung sein müssen«. Mit der Zustimmung zu diesen Sätzen bekannten sich die unterzeichnenden Personen zu einer Politisierung des Bildungssystems.
Einige Wochen später, am 7. April, fand diese Politisierung ihren radikalen Ausdruck im »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, das zu einer völligen Ausgrenzung der jüdischen Hochschullehrer führte. Die allermeisten wurden entlassen und ihre Stellen mit nichtjüdischen Wissenschaftlern besetzt.
Michaela Roßberg
Kundgebung Berliner Universitätslehrer
Die unterzeichneten Hochschullehrer an der Universität Berlin erklären sich einig mit der nationalen Bewegung, die durch das deutsche Volk geht. Sie wollen mit allen ihren Kräften mitwirken am Wideraufbau des Deutschen Vaterlandes und sehen in dem Zusammenschlusse der nationalen Kräfte unter der Führung von Adolf Hitler als Reichskanzler den einzig möglichen Weg, das Vaterland aus seiner wirtschaftlichen Notlage und seelischen Bedrängnis herauszuführen, zur Wiedergewinnung nationaler Würde, Wehrhaftigkeit und Freiheit.
In der Überzeugung, dass Wissenschaft und Kultur die Hauptstützen jeder deutschen Erhebung sein müssen, reichen sie der akademischen Jugend, die sich mit feuriger Begeisterung der nationalen Volksbewegung ergeben hat, die Hand. Gemeinsam wollen sie danach streben, alle trennenden Gegensätze, die noch unser Volk zerreissen, zu überbrücken und mit der Kraft des Geistes zu wirken für das Wiedererstarken deutscher Kultur und für das grosse soziale Werk des Wiederaufbaues, mit dem hohen Endziele der Befreiung des Vaterlandes.
Zahlreiche Hochschullehrer der Universität Berlin.
Berlin, den 28.2.1933
Vorstehende Kundgebung soll in den nächsten Tagen in der Tagespresse erscheinen. Die Unterzeichneten bitten Sie, zum Ausdruck Ihres Einverständnisses die beigefügte zweite Ausfertigung mit Ihrer Unterschrift zu versehen und möglichst umgehend in beiliegendem Briefumschlage zurückzusenden.
Der Herr Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und S. Magnificenz der Herr Rektor haben von der beabsichtigten Kundgebung Kenntnis erhalten.
gez. E. Fischer, Gocht, Kleine, Lietzmann, Lockemann, Neckel, Rieffert, V. Schilling.