Der Anfang vom Ende des deutschen Judentums

1933

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Montag,
3. April 1933

Schreiben an Adolf Schnitzer mit der Aufforderung, das Amt des Notars nicht auszuüben

Am 3. April 1933 wurde im Landgericht I in der Grunerstraße ein Schreiben formuliert, das für Hunderte Berliner Notare ein Berufsverbot zur Folge haben sollte. Unter Berufung auf einen Erlass des Preußischen Justizministeriums heißt es: »Die Notare jüdischer Abstammung werden von der Verpflichtung zur Amtsausübung entbunden«. Und weil man in der Kürze der Zeit nicht feststellen könne, welche Notare »jüdischer Abstammung« seien, ginge der Brief sicherheitshalber an alle Notare des Landgerichtsbezirks.

Einer von ihnen war der Rechtsanwalt und Notar Dr. Adolf Schnitzer (1889–1989). Seit 1919 wurde er in der Rechtsanwaltsliste des Landgerichts I geführt und war seit 1928 auch als Notar zugelassen. Unzählige Male hatte er die Stufen des trutzigen Gerichtsgebäudes zur Ausübung seines Berufs als Verteidiger erklommen.

Die Kanzlei Schnitzers lag nur wenige U-Bahnstationen vom Gericht entfernt in der Mohrenstraße 48, in der Nähe des Gendarmenmarktes, im Zentrum des Berliner Banken- und Geschäftsviertels. Dorthin war auch der Briefumschlag mit Poststempel vom 6. April 1933 adressiert. Auf der Rückseite des Gerichtsschreibens befand sich der Erlass des Ministeriums vom 1. April 1933. Dort heißt es unverblümt, die öffentliche Ordnung könne nicht aufrecht erhalten werden, »wenn Deutsche sich im Rechtsverkehr weiterhin Urkunden entgegenhalten lassen müssen, die von jüdischen Notaren aufgenommen oder beglaubigt worden sind«. Als der Brief seinen Empfänger ein paar Tage später am 6. April erreichte, hatten die Nationalsozialisten längst Tatsachen geschaffen.

Leonore Maier

Kategorie(n): Berlin | Berufsverbot | Juristen
Entbindung jüdischer Notare von der Ausübung ihres Amtes, Schreiben des Landgerichts Berlin an Adolf Schnitzer, Berlin, 3. April 1933
Schenkung von Roland Furstenberg

Adolf Schnitzer

Adolf Schnitzer erhielt im Juni 1933 den Bescheid, dass er wegen seiner »nichtarischen Abstammung« und auf Grundlage der Gesetze »über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft« und »zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« seinen Beruf nicht mehr ausüben könne.

Kurze Zeit später verließ er Deutschland in Richtung Schweiz. In Genf erwarb er 1935 den Doktorgrad in politischen Wissenschaften. Der Verfasser mehrerer juristischer Standardwerke lehrte von 1948–1966 an den Universitäten Genf und Luxemburg. Am Genfer Sitz der UNO leitete er von 1952 an über 20 Jahre lang das internationale Büro für die Toderklärung verschwundener Personen.

Schreiben des Kammergerichtspräsidenten an Adolf Schnitzer mit Aberkennung der Rechtsanwaltszulassung, Berlin, 2. Juni 1933. Schenkung von Roland Furstenberg 
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